OGH-Urteil: Zur räumlichen Nähe zwischen Augenarzt und Optiker

In einer jüngst veröffentlichten Entscheidung hat sich der OGH mit einem Augenarzt und einem Optiker unter demselben Dach beschäftigt. Solange keine „gemeinsame Praxis“ besteht, ist dies zulässig. Unzulässig ist jedoch, die Empfehlung des Augenarztes oder seiner Ordinationshilfe für einen bestimmten Optiker, da dies dem ärztlichen Standesrecht widerspricht.

Eine Vereinigung österreichischer Optiker hat einen Augenarzt und einen Optiker in Niederösterreich wegen unlauterem Wettbewerb geklagt. Der Augenarzt und der Optiker boten ihre Leistungen im selben Haus Tür an Tür an. Die Eingänge waren zwar getrennt, jedoch führte der Zugang zum Wartebereich der Ordination am an dieser Stelle beinahe zur Gänze offenen Verkaufsbereich des Optikers vorbei. Dieser Zugang zum Warteraum wurde von einer Videokamera überwacht und im Warteraum lagen Gutscheine für den beklagten Optiker auf.

Der OGH kam in seiner Entscheidung 4Ob34/14z zu dem Schluss, dass im gegenständlichen Fall keine „gemeinsame Praxis“ vorlag. Er begründete dies mit dem Fehlen eines gemeinsamen Empfanges/Sekretariates und eines gemeinsamen Außenauftrittes. Der Augenarzt und der Optiker dürfen somit weiterhin im selben Haus, im selben Stock, Türe an Türe, tätig sein, ohne dadurch Gesetze zu verletzen. Dieses Teilurteil ist rechtskräftig und in Österreich nicht weiter anfechtbar.

Ordinationshilfe darf keinen bestimmten Optiker empfehlen

Jedoch hat das Höchstgericht auch befunden, dass das Erstgericht seine Aufgaben nicht vollständig erledigt hat und einen Teil des Klagebegehrens der Optikervereinigung zur neuerlichen Verhandlung an die Erstinstanz zurück verwiesen. Der OGH rügte, dass der von der klagenden Optikervereinigung behauptete Sachverhalt, nämlich dass die Ordinationshilfe des Augenarztes Patienten hinsichtlich weiterer Fragen bei Sehhilfen an den beklagten Optiker (und nicht an irgendeinen Optiker) verwiesen hatte, überhaupt nicht geprüft wurde.

Augenarzt haftet für die Aussagen seines Personals

Das Erstgericht muss nun erneut prüfen und Beweise aufnehmen. Sollte sich heraus stellen, dass der Augenarzt bzw. sein Personal tatsächlich den beklagten Optiker empfohlen haben, so liegt darin zweifellos eine gegen das ärztliche Standesrecht verstoßende Werbung vor. Denn der Ratschlag der Ordinationshilfe eines Arztes, sich mit bestimmten Fragen an einen konkreten Optiker zu wenden, kann laut OGH nur als Empfehlung und somit als Werbung für diesen verstanden werden.

Für den Patienten besteht dann nämlich die Gefahr, dass er eine Geschäftsentscheidung trifft, die keine sachliche Grundlage hat, sondern vielmehr alleine aufgrund des bestehenden Vertrauens- oder Autoritätsverhältnisses Ärzten gegenüber motiviert ist. Er unterliegt womöglich einem psychologischen Kaufzwang. Der Patient vertraut dem Arzt und seiner Empfehlung, sodass er gar nicht auf die Idee kommt andere Optiker aufzusuchen oder Leistungen bzw. Preise zu vergleichen. Der Gesetzgeber sieht eine solche Vorgangsweise als aggressive Geschäftspraktik in Form einer unzulässigen Beeinflussung und schützt die Patienten vor dieser Praktik. 

Es bleibt nun abzuwarten zu welchem Beweisergebnis und welcher Entscheidung das Erstgericht in der neuen Runde kommen wird. Lernen kann man aus der gegenständlichen OGH-Entscheidung jedoch, wie wichtig die Dokumentation von möglichem Fehlverhalten z.B. durch den Einsatz von Detektiven und Zeugen ist.

Rechtsanwältin Mag. Barbara Belyus

Dieser Kommentar
wurde freundlicherweise von 
Rechtsanwältin 
Frau Mag. iur. Barbara Belyus
zur Verfügung gestellt.

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