Kontaktlinsen und Sport – Situationsanalyse, Kundenberatung und Anpassung

Gute Leistungen im Sport ohne gut zu sehen sind nahezu undenkbar. Etwa 95 Prozent der Bewegungskoordination werden durch das Sehen kontrolliert. Fehlsichtige Sportler erfahren bei der Verwendung einer optimalen Sehkorrektur deutliche Leistungssteigerungen. Außerdem trägt die Korrektion der Fehlsichtigkeit signifikant zur Unfallvermeidung bei. Die Vorteile von Kontaktlinsen im Sport liegen auf der Hand und können vom Fachoptiker zum Wohle seines sportiven Kunden genutzt werden.

Natürliche Wahrnehmung

Kontaktlinsen verhelfen dem Sportler zu einer natürlichen
Wahrnehmung ohne Vergrößerungs- oder Verkleinerungseffekte,
einem natürlichen Gesichtsfeld ohne periphere Einschränkungen
und machen Outdooraktivitäten wetterunabhängiger.

Ein eingeengtes Gesichtsfeld ist vor allem bei
Ballsportarten hinderlich. So ist die Brille als Sehkorrektur bei
Ballsportarten nicht empfehlenswert. Gerade in der Lern- bzw. Trainingsphase
ist eine unbehinderte Sicht nach allen Seiten hin entscheidend.
Selbst eine gute Sportbrille engt die seitliche Sicht ein und behindert
beim so wichtigen peripheren Sehen. Beim Abspielen sind in Folge
starke Kopfdrehungen notwendig um genau zu erkennen, welcher Mitspieler
sich in der unmittelbaren Umgebung befindet.

Beim Laufen kann einem das Wetter mit Brille ganz
schön die Ausübung des Sports vermiesen. Es macht einfach
keinen Spaß während des Laufens permanent die Regentropfen
von der Brille zu wischen. Schweißtropfen lassen die Gläser
beschlagen. Insbesondere bei Langstreckenläufen wie Marathons
sind Taktik und ökonomische Einteilung der Energie von wesentlicher
Bedeutung. Das notwendige Abwischen der Brillengläser und die
Behinderung durch schlechte Sicht führt zu einem Energieverlust
und kann den Verlust einiger Ränge beim Zieleinlauf bedeuten.

Kriterien für
Kontaktlinsenanpassung bei Sportlern

Zum einen muss ein sicherer Sitz der Kontaktlinsen
auch bei extremen Bewegungsabläufen und Erschütterungen
gewährleistet sein. Superschnelle Blickbewegungen wie etwa
bei Tischtennisspielern oder harte Schläge wie bei Kontaktsportarten
dürfen zu keiner Beeinträchtigung durch die Kontaktlinsen
führen.

Staub und Schmutzpartikel können den Tragekomfort
negativ beeinflussen. Mücken bei Radsportlern, Staub bei Reitern,
Magnesiumpartikel bei Kletterer (wird zum besseren Halt auf die
Hände appliziert) oder Sand bei Ralleyfahrern können als
Fremdkörper zwischen Cornea und Linse zu einem plötzlich
auftretenden, tränenden Auge und in Folge zu einem schweren
Unfall führen.

Motorsport
Der Albtraum im Ralley-Motorsport.
Ein Fremdkörper bei Tempo 200km/h unter der Kontaktlinse

Insbesondere bei Extremsportarten ist eine einfache
Handhabung und Pflege der Kontaktlinsen oberstes Gebot. Oftmals
werden Sportarten in Ländern mit schlechten, hygienischen Voraussetzungen
ausgeführt. Das dabei mögliche Infektionsrisiko muss vom
Kontaktlinsenanpasser bei der Wahl von Materialien und Pflegemitteln
einkalkuliert werden.

Trockene Luft und Fahrtwind sind bei Sportarten
wie Radfahren, Mountainbiking und Skifahren für Linsenträger
die größten Widersacher.

Spitzen- oder Extremsportler tragen ihre Kontaktlinsen
oft sehr viele Stunden pro Tag am Auge. Die Tragezeiten können
sehr unterschiedlich sein. Im Extremfall werden die Kontaktlinsen
24 Stunden am Tag am Auge behalten. Der Kontaktlinsenoptiker muss
je nach Tragemodus und anderer Gegebenheiten eine Materialwahl treffen.

Physiologische Aspekte
von Kontaktlinsentragen beim Sport

Die Cornea benötigt Anabolite wie Glucose
und Sauerstoff. Im Zuge der Energiegewinnung entstehen als Stoffwechselendprodukte
Katabolite, wie z.B. Wasser, Laktat und CO2. Die Katabolite müssen
aus der Cornea transportiert werden. Die Versorgung mit Glucose
wird hauptsächlich durch das Kammerwasser bewerkstelligt. Der
Sauerstoff (das Epithel benötigt 90% davon!) wird von der Umgebung
vor dem Auge – bzw. bei Kontaktlinsenträger über
den Tränenfilm und durch das Kontaktlinsenmaterial aufgenommen.

Durch aerobe (1Mol Glucose ergeben 38Mol ATP) oder
anaerobe (1Mol Glucose ergeben nur 2Mol ATP) Glykolyse wird Energie
in Form von ATP gespeichert. Ausreichend Sauerstoff verhilft zur
Erzeugung von energiereichem ATP. Der Stoffwechselablauf funktioniert
im Idealfall komplett bis zur Wasser und Kohlendioxid-Produktion.
Ist für die Cornea zu wenig Sauerstoff verfügbar, kommt
es zu einer Anreicherung von Zwischenprodukten (vor allem Lactat)
in der Cornea. In Folge kann eine Quellung und damit Störung
der Transparenz auftreten.

Bei sportlichen Aktivitäten kommt es nun zu
deutlich geänderten physiologischen Prozessen gegenüber
den „normalen“ Kontaktlinsenträgern. Durch die erhöhte
körperliche Aktivität benötigt der Organismus mehr
Sauerstoff. Die Blutlactatwerte können bis zu 20fach höher
als im Ruhezustand sein. Das Atemvolumen steigt – Stickstoff
wird vermehrt ausgeatmet und reichert den Tränenfilm zwischen
Cornea und Kontaktlinse an. Die Körpertemperatur des Körpers
inklusive der Cornea erhöht sich bis zu 3°C und der pH-Wert
sinkt.

Unmittelbar nach dem Sport sollten die Kontaktlinsen
deshalb abgesetzt werden. Grund dazu ist der beim Sport gestiegene
Stoffwechsel. Dadurch kommt es zu einer zunehmenden Belastung der
Hornhaut. Andererseits sollten die Kontaktlinsen nach Möglichkeit
eine halbe Stunde vor Beginn der Sportausübung aufgesetzt werden,
damit sich der Tränenhaushalt optimal akklimatisiert.

Kontaktlinsen setzen wie beschrieben die Sauerstoffaustauschrate
herab. Deshalb sollte das gewählte Kontaktlinsenmaterial einen
möglichst hohen Dk-Wert aufweisen. Steilanpassungen sollten
eher vermieden werden, da bei Belastungen mit einer verringerten
Quantität der Tränenflüssigkeit zu rechnen ist. Dies
kann bei formstabilen Kontaktlinsen zu einem Festsitz führen.
Weiche Kontaktlinsen hingegen versteilen sich bei einer Abnahme
des Wassergehalts und weisen in Folge einen unbeweglicheren Sitz
auf.

Viele Sportarten werden im Freien ausgeübt.
Sinnvoll ist deshalb die Integration eines UV-Filters in die Kontaktlinse
– wiewohl dies selbstverständlich keine Sonnenbrille
ersetzt, da Bindehaut und Lider weiter ungeschützt sind.

Wahl der Kontaktlinsenart
beim Sport

Je nach Sportart ist die Anpassung weicher oder
formstabiler Kontaktlinsen möglich. Trotz aller „sportlichen
Überlegungen2 sollte man bei den Freizeitsportlern nicht den
Tragemodus im Alltag bei den Überlegungen vernachlässigen.
So kann bei regelmäßigen, täglichen Tragen und bei
gewissen Sportarten durchaus eine formstabile Kontaktlinse Sinn
machen. Nicht jeder Sonntagssportler ist der ideale Kandidat für
eine weiche Kontaktlinse mit verlängerter Tragedauer.

Materialen der FDA-Klassen 1 (Nichtionische Polymere,
unter 50% QG) und 3 (Ionische Polymere über 50%QG) sollten
nicht angepasst werden. Weiche Kontaktlinsenmaterialien sollten
für Sportler neben einem ausreichenden Wassergehalt auch ein
gutes Wasserbindungsvermögen besitzen. Der Wassergehalt ist
in vivo auf dem Auge geringer als in vitro. Das Wasserbindungsvermögen
ist deshalb von Interesse. Eine Kontaktlinse mit beispielsweise
60% Wassergehalt [QG] büßt bei nur 10% Wassergehalts-Verringerung
nahezu 25% Sauerstoffdurchlässigkeit ein! Bei den meisten Materialien
verdunsten während den ersten 10-30 Trageminuten etwa 10-15%
des Wassers. Ausdauersportler sollten deshalb unbedingt eine Nachbenetzungslösung
mit sich führen und verwenden.

Beachtung sollte auch die elektrische Ladung der
Kontaktlinse finden. So sollten die verwendeten Materialien nicht
ionisch sein. Ionische Materialien reagieren verstärkt auf
pH-Wert-Änderungen und führen zu einer Versteilung der
Kontaktlinse. Bekannt ist auch die wesentlich stärkere Anziehung
von Ablagerungen auf ionischen Materialien.

Dünne Weichlinsen trocknen in der Regel erheblich
schneller aus als etwas dickere Linsen. Ausnahmen bilden unter Umständen
Silikon-Hydrogele.

Bei den formstabilen Materialien sollte die Benetzung
der Kontaktlinsenoberfläche im absoluten Vordergrund stehen.
Die Kontaktlinse kann theoretisch noch so viel Sauerstoff durch
das Auge durchlassen – eine miserable Benetzung führt
jedoch unweigerlich zu einer Verschlechterung des Sehens. Die Sauerstoffversorgung
ist meist ohnehin bereits durch den Tränenfilmaustausch im
Zuge der Pumpwirkung beim Lidschlag gegeben.

Der Durchmesser der sphärischen Optikzone
sollte bei Sportarten mit extremen Blickbewegungen (z.B. Tischtennis)
oder bei hohen Sehanforderungen (z.B. Biathlon) groß gewählt
werden.

  • Schwimmen, Tauchen, Segeln, Kajakfahren,
    Windsurfen

Bei allen Wassersportarten ist die weiche Kontaktlinse
wegen der geringen Verlustgefahr die erste Wahl. Chlor in Schwimmbädern
und Keime in stehenden Gewässern setzen jedoch eine besonders
gute Hygiene voraus. Um dem Hygieneproblem zu entgehen, erscheinen
Tageskontaktlinsen als hilfreich. Eine zusätzliche Anpassung
von Tageslinsen zur bestehenden formstabilen oder hydrophilen Linse
macht insbesondere bei Freizeitsportlern Sinn. So kann im Alltag
das bewährte, individuell gefertigte System verwendet werden
und an den Tagen der Sportausübung auf frische Tageslinsen
zurückgegriffen werden. Die Hersteller der Tageslinsen unterstützen
diese Strategie durch mehrjährige Haltbarkeit der original
verschlossenen Tageslinsen.

Tauchen
Das Schönste am Tauchen sind die visuellen Eindrücke.
Ohne optimaler Korrektur nur der halbe Genuß.

Wird beim Schwimmen oder Tauchen eine Schwimm-
oder Taucherbrille getragen so steht der Anpassung sowohl formstabiler
als auch weicher Kontaktlinsen nichts im Wege. Eine kleine Ausnahme
bildet die Teilnahme am Grundkurs beim Gerätetauchen –
hier muss im Zuge des PADI Open Water bzw. CMAS * Brevet die Tauchermaske
komplett geflutet und anschließend wieder ausgeblasen werden.

  • Beachvolleyball, Reiten, Klettern,
    MotoCross, Ralleyfahren

Bei Sportarten die vermehrt mit Sand und Staub
zu tun haben sind ebenfalls weiche Kontaktlinsen die erste Wahl.
Aufgrund des geringeren Durchmessers und der stärkeren Beweglichkeit
(die sonst wiederum physiologisch zu begrüßen wäre)
von formstabilen Kontaktlinsen kann sich schon einmal ein Fremdkörper
unter die Kontaktlinsen verirren.

Fremdkörper unter Kontaktlinse
Abschürfungen des Corneaepithels.
Fremdkörper unter formstabiler Kontaktlinse.

Dies ist im Normalfall nicht weiter schlimm –
eventuelle, geringfügige Epitheldefekte werden normalerweise
innerhalb von wenigen Stunden regeneriert. Am Geländemotorrad
oder in der Steilwand kann sich allerdings so ein Fremdkörper
bis hin zum Exodus auswirken.

  • Skifahren, Hallensportarten, Marathon,
    Radfahren, Leichtathletik, Wandern und andere Ausdauersportarten

Sportarten bei denen die Augen unter Einwirkung
eines Fahrtwindes stehen führen zu trockeneren Augen. Dies
gilt auch bei einer stickigen Luft in Sporthallen. Weiche Kontaktlinsen
können unter diesen Umständen austrocknen und in Folge
den Metabolismus der Cornea stören.

Wandern
Beim Bergwandern ist viel Ausdauer gefragt.
Einher geht ein Wasserverlust des Körpers.

Fahrtwind und Wasserverlust des Körpers und
der Wasserverlust bei Ausdauersportarten führen zu einer Verringerung
des Wassergehaltes und damit zu einer Versteilung der weichen Kontaktlinse.
Bei solchen Sportarten ist die Anpassung formstabiler Kontaktlinsen
sinnvoll.

Skifahren
Skifahren ist in Österreich sehr beliebt.
Fahrtwind trocknet die Augen aus.

Pflege von „Sportler-Kontaktlinsen“

Betreffend der Handhabung durch die Benutzer wird
allerdings immer wieder eine unsachgemäße Behandlung
festgestellt. So verbleiben Kontaktlinsen die dafür nicht ausgerichtet
sind oftmals viel zu lange am Auge. Die hygienischen Bedingungen
sind im Ausland oftmals nicht vergleichbar mit den Umständen
zu Hause. Häufig ist auch eine mangelhafte Hygiene und unzureichende
Reinigung der Kontaktlinsen durch die Träger zu beobachten.

Weiche Kontaktlinsen sollten sicherheitshalber
mit Wasserstoffperoxyd gereinigt werden. In regelmäßigen
Intervallen ist die zusätzliche Verwendung eines manuellen
Oberflächenreinigers und eine Proteinentfernung anzuraten.

Formstabile Kontaktlinsen können wie gewohnt
mit einer Reinigungs- und einer Aufbewahrungslösung gepflegt
werden.

Die Verwendung von Nachbenetzungslösungen
fördert die Benetzung und den Tragekomfort während der
Ausübung des Sports.

Zusammenfassung

Die Anpassung von Kontaktlinsen für Freizeit-
oder Spitzensportler erfordert zusätzliches Wissen und Erfahrung.
Nicht bei jeder Sportart ist das automatische Anpassen einer Austauschlinse
sinnvoll.

Bei Sportlern sollte das Intervall der Nachkontrollen
verkürzt werden. Empfehlenswert sind etwa eine vierteljährliche
Überprüfung des Linsensitzes, der Oberflächenbeschaffenheit
und des vorderen Augenabschnitts.

Bei Fahrtwind (z.B. Radfahren, Skifahren) und/oder
starker Sonneneinwirkung (z.B. Golf, Segeln) sollte zur Kontaktlinse
eine geeignete Sonnenschutzbrille getragen werden.

Über 1,6 Millionen Österreicher sind
im Bundessportverband organisiert – nicht mitgezählt Bergwanderer
und Gelegenheitssportler. Die Anpassung von Kontaktlinsen an Sportlern
ist interessant und wirtschaftlich sinnvoll, da der Kunde bei einer
zufriedenstellenden Versorgung vielleicht seine Mannschaftskollegen
werben wird.

Literatur:
[1] NOJ 3/1998, Sehen im Sport, Matthias Zimmermann, Gesundheits-Akademie
Berlin
[2] DOZ 5+6/2001, Kontaktlinsen für Sportler, Silke Lohrengel
[3] Dr. Heinz Baron, Kontaktlinsen
[4] Tauchen und Sehen unter Wasser, www.optiker.at, Harald Belyus,
2001
[5] Kontaktlinsen und Wassersport, www.optiker.at, Harald Belyus,
2002
[6] Vortrag „Tauschlinsen“, Optex Salzburg 2000, Harald
Belyus

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