Seminarbericht zur Optometrie 2015

Die diesjährige Fortbildungsveranstaltung Optometrie 2015, der Wiener Fachgruppe Gesundheitsberufe, fand am Samstag den 3. Oktober im 15. Stockwerk des Wiener Mediatowers statt. In seiner Eröffnungsrede begrüßte Organisator Walter Gutstein, PhD etwa 70 Anwesende und dankte den Sponsoren für die Ermöglichung dieser Veranstaltung. 

Walter Gutstein, PhD
Optometrie 2015 Organisator Walter Gutstein, PhD begrüßte die Teilnehmer und dankte den Sponsoren

Im Anschluss berichtete Bundesinnungsmeister KommRat Anton Koller, MSC über das Opening Eyes Programm im Rahmen der Special Olympics.

Bundesinnungsmeister KommRat Anton Koller, MSc

Bundesinnungsmeister KommRat Anton Koller, MSc berichtete über Special Olympics und das Opening Eyes Programm

So werden am 9. Jänner 2016 bei mental eingeschränkten Athleten Augentests durchgeführt. Augenoptiker und Optometristen, welche an diesem Tag bei den Screenings mithelfen wollen, sind herzlich eingeladen. Nähere Infos finden sich hier zum Download.

Diabetes
OA Dr. Michael Klecka, MSc

Wiewohl es in Österreich keine gesicherten Daten gibt, kann man über den Medikamentenverbrauch auf die Anzahl von Diabetikern in einem Land Schlüsse ziehen. In Österreich werden auf dieser Basis etwa 7-8% der Bevölkerung als Diabetiker eingeschätzt. Weltweit sind derzeit bereits jetzt 366 Millionen Diabetiker. Prognosen sehen im Jahr 2030 diese Zahl auf 552 Millionen ansteigen.

Bereits 1550 vor Christus wurde Diabetes im Papyrus Ebers beschrieben. 1916 gelang es Nicolae Paulescu erstmals Insulin aus Pankreasgewebe zu gewinnen. Banting und Best stellten im Jahr 1921 daraufhin das erste Insulin her.

OA Dr. Michael Klecka, MSc

OA Dr. Michael Klecka, MSc zur Stoffwechselerkrankung Diabetes

OA Dr. Michael Klecka erklärte den anwesenden Augenoptikern und Optometristen die Grundlagen der Zusammenhänge von Blutzuckerspiegel und Diabetes. Liegen die Nüchternwerte im Blutzucker bei mehr als 126 mg/dl oder ein einmalig gemessener Wert bei über 200 mg/dl oder ist der HbA1c Wert größergleich 6,5%, so lässt sich die Diagnose Diabetes mit Sicherheit stellen.

Im Weiteren berichtete Klecka über Zusammenhänge zwischen HbA1c-Wert und Augenkomplikationen. Aktuelle Untersuchungen zeigen, dass bei der Anzahl von Neuerblindungen neben der altersbedingten Makuladegeneration (AMD) und dem Glaukom, der Diabetes immer häufiger ein Auslöser für den Verlust der Sehkraft darstellt.

Im weiteren Verlauf des Vortrags berichtete Klecka über die unterschiedlichen Typen des Diabetes und über den pathophysiologischen Verlauf der Erkrankung. Danach erklärte der Vortragende die Auswirkungen diabetischer Augenerkrankungen. Mit anschaulichen Bildbeispielen zeigte Klecka den Anwesenden die Auswirkungen am Auge durch Mikroaneurysmen, Kalibersprünge der Venen, Blutungen innerhalb der Retina, Retinaödeme, Exsudate, Cotton-Wool-Herde und proliferativen Erscheinungsbildern. Der Vortrag wurde durch eine Übersicht gängiger Therapien komplettiert.

Refraktive Chirurgie
DDr. Lorenz Vock

Die Möglichkeiten chirurgisch herbeigeführter, refraktiver Veränderungen sind vielfältig. Die Geschichte der refraktiven Chirurgie ist allerdings noch relativ jung. So implantierte der britische Augenarzt Sir Nicholas Harold Lloyd Ridley im Jahr 1949 zum ersten Mal einem Patienten eine Intraokularlinse. In den 1930ern erfand der Japaner Sato die radiäre Keratotomie, welche im in den 70ern des letzten Jahrhunderts von Dr. Swjatoslaw Fjodorow weiterentwickelt wurde. Im Jahr 1983 setzte Dr. Stephen Trokel erstmals einen Laser – den Excimer Laser – zur refraktiven Chirurgie ein. 1989 vollzog Dr. Ioannis Pallikaris die „laser-assisted in situ keratomileusis“ – kurz LASIK genannt – und danach die Epi-LASIK. Auf die LASIK folgten weitere Verfeinerungen der Methoden.

DDr. Lorenz Vock

Schätzungen sprechen von 25.000 bis 124.000 jährlichen Laseroperationen, so DDr. Lorenz Vock

Lorenz Vock schätzte die wirtschaftliche Bedeutung der refraktiven Chirurgie als sehr hoch ein. Pro Jahr werden in Deutschland im Bereich von 25.000 bis 124.000 Laseroperationen durchgeführt – Tendenz steigend. Bei den aktuellen Verfahren wird die Behandlungszone mindestens so groß, wie der Pupillendurchmesser unter mesoptischen Bedingungen gewählt, um bei Dunkelheit keine Komplikationen auszulösen. Femtosekundenlaser sind neuere Lasermethoden, welche Lichtpulse aussenden, deren Dauer im Femtosekunden-Bereich liegt. Sie ermöglichen gegenüber dem Excimer Laser eine Schnittführung auch in der Tiefe des Gewebes.

Bei der LASIK wird zuerst eine etwa 8,0-9,5 große Lamelle geschaffen, die anschließend aufgeklappt wird. Die eigentliche Laserbehandlung erfolgt auf dem darunterliegenden Hornhaut-Stroma. Die Gewebeabtragung benötigt in der Regel nicht mehr als 30 Sekunden.   und es ist rasch wieder ein scharfes und schmerzfreies Sehen postoperativ zu erwarten. Im Weiteren erklärte der Vortragende die Unterschiede, Vor- und Nachteile der LASIK, Epi-LASIK, LASEK, FLEx und SmILE Methoden. Im Anschluss zeigte Vock dem Auditorium anhand eines anschaulichen Videos den Ablauf einer refraktiven Chirurgie mittels Femtosekundenlaser.

Für höhere Fehlsichtigkeiten ist die Implantation von Intraokularlinsen überlegenswert, welche für solche Personen in der Regel vorteilhafter als eine Laseroperation ist. Vock komplettierte seinen Vortrag durch die Präsentation neuerer Entwicklungen wie dem MyoRing und dem KAMRA-Implantat.

Ehrung der Preisträger des Bundesinnungslehrlingswettbewerbes

Im feierlichen Rahmen der Optometrie 2015 wurden die diesjährigen Preisträger des Bundesinnungslehrlingswettbewerbs geehrt. Bundesinnungsmeister KommRat Anton Koller, MSc überreichte gemeinsam mit dem Haller Berufsschuldirektor Ing. Markus Rainer Urkunden und Preise an den erstplatzierten Markus Dolezal, den zweitplatzierten Dionysios Kefalas und die drittplatzierte Barbara Kammerhofer.

Markus Dolezal

Markus Dolezal, der diesjährige Erstplatzierte im Bundesinnungslehrlingswettbewerb bei der Überreichung mit Bundesinnungsmeister KommRat Anton Koller, MSc und Haller Berufsschuldirektor Ing. Markus Rainer

Dionysios Kefalas

Der zweitplatzierte Dionysios Kefalas bei der Entgegennahme der Urkunde

Barbara Kammerhofer

Die drittplatzierte Barbara Kammerhofer mit der überreichten Urkunde bei der Ehrung

Code of Conduct
DDr. Lorenz Vock

In seinem zweiten Vortrag gab Lorenz Vock den Anwesenden eine Übersicht über Verhaltensrichtlinien in unterschiedlichen sozialen Situationen, wie zum Beispiel im Gesundheitswesen. Zweck und Strategie eines Verhaltenskodex kann die Definition von Standards durch eine interessierte Gruppe sein. Er stellt zunächst oft eine freiwillige Selbstverpflichtung für eine Mehrheit von Personen dar, Bestimmtes zu tun oder zu unterlassen. Ziel ist es das Aussenbild der Gruppe, aber auch die Kohärenz innerhalb der Gruppe zu definieren. Innerhalb dieser Gruppe können bei Nichteinhaltung Sanktionsmechanismen Sinn machen. Erfolgreiche Verhaltenskodices können stattliche Anerkennung erlangen, indem sie in die Gesetzgebung einfließen, beziehungsweise mit staatlichen Sanktionsmechanismen versehen werden. Vock sah einen Vorteil für den Staat in der Nutzung von Expertenwissen und auch in der rascheren Reaktion auf Veränderungen in der Gesellschaft im Gegensatz zur staatlich erlassenen Gesetzgebung.

DDr. Lorenz Vock

DDr. Lorenz Vock erklärte den Sinn von Verhaltenskodizes

Grenzen von Codes of Conduct’s stellen Verfassung, staatliche Gesetze, die guten Sitten und Menschen- und Bürgerrechte dar. Vock gab in seinem Vortrag einen ausführlichen Überblick über bestehende Verhaltenskodizes und gesetzliche Vorgaben.

Der Vortragende erwähnte, dass im Wirtschaftkammergesetz von 1998 keine explizite Verordnungsermächtigung für Verhaltensregeln im eigenen Wirkungsbereich enthalten wär und berichtete in diesem Zusammenhang von einem Entwurf eines Codes of Conducts. Dieser soll unter anderem Regeln über eine Versicherungspflicht, die Wahrung der Ehre und Würde des Berufsstandes, das Befolgen von Gesetzen, Verordnungen und Richtlinien, die vertrauliche Behandlung von Informationen, eine Fortbildungsverpflichtung und eine Vorgehensweise bei Kritik und Zweifel an Kollegen beinhalten.

Nahrungsergänzungsmittel im Bezug auf das Auge
Mag. Markus Zsivkovits, MScTox

Die Gesetze und Verordnungen zu Lebensmitteln und Arzneimitteln sind vielfältig. Referent Mag. Markus Zsivkovits, MScTox erklärte zu Beginn seines Vortrags den Stufenbau der Rechtsordnung, bevor er den Fokus auf die Nahrungsergänzungsmittel lenkte. So ist das Lebensmittelrecht mittlerweile vollkommen EU-harmonisiert, bei dem das sogenannte Missbrauchsprinzip gilt. So dürfen Lebensmittel, die nicht sicher sind einfach nicht in den Verkehr gebracht werden. Lebensmittel sind dann sicher, wenn davon auszugehen ist, dass sie nicht gesundheitsschädlich und für den Verzehr durch Menschen sicher sind – soweit die Definitionen.

Mag. Markus Zsivkovits, MScTox

Mag. Markus Zsivkovits, MScTox: „Vor dem Verkauf von Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel Verkehrsfähigkeitsgutachten vorlegen lassen.“

Nach der Kettenverantwortung haftet jeder Lebensmittelunternehmer für die Verkehrsfähigkeit der von ihm im Verkehr gebrachten Lebensmittel – in jeder Hinsicht. Nach der Stufenverantwortung haftet jeder Lebensmittelunternehmer aber nur für die auf seiner Stufe erforderlichen Tätigkeiten und die entsprechende Sorgfalt. Zsivkovits gab den Ratschlag, dass man Lebensmittel – und damit auch Nahrungsergänzungsmittel – nur dann verkaufen sollte, wenn der Lieferant ein Verkehrsfähigkeitsgutachten vorlegen kann.

Zwei Drittel aller Österreicher verwenden – laut einer im Jahr 2013 von der market Marktforschung erstellten Umfrage – Nahrungsergänzungsmittel. Diese Nahrungsergänzungsmittel sind in der Nahrungsergänzungsmittelrichtlinie §3 Abs. 4 im Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG) verankert. Sie sind de facto Lebensmittel und dienen zur Ergänzung der normalen Ernährung: „Nahrungsergänzungsmittel sind Lebensmittel, die dazu bestimmt sind, die normale Ernährung zu ergänzen und die aus Einfach- oder Mehrfachkonzentraten von Nährstoffen oder sonstigen Stoffen mit ernährungsspezifischer oder physiologischer Wirkung bestehen und in dosierter Form in Verkehr gebracht werden, d.h. in Form von zB Kapseln, Pastillen, Tabletten, Pillen und anderen ähnlichen Darreichungsformen, Pulverbeuteln, Flüssigampullen, Flaschen mit Tropfeinsätzen und ähnlichen Darreichungsformen von Flüssigkeiten und Pulvern zur Aufnahme in abgemessenen kleinen Mengen.“ Nahrungsergänzungsmittel bedürfen keinerlei Meldung, wiewohl zukünftig eine Anmeldung seitens der EU vorgesehen ist.

Eine „neue“ Verordnung (609/2013) bewirkt in der Praxis die Abschaffung des Diätrechts, beziehungsweise der diätetischen Lebensmittel in der EU. Wie sich diese Verordnung auf die Diätetischen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke (Food For Special Medical Purposes, FSMP) auswirkend wird, ist auf EU-Ebene noch nicht vollständig festgelegt. Weiters ging Zsivkovits auf die diätetischen Lebensmittel für besondere medizinische Zwecke auf Basis der AREDS Studien ein. Im Österreichischen Recht sind Nahrungsergänzungsmittel im §3 Abs. 3 LMSVG definiert. Nahrungsergänzungsmittel jeder Art dürfen über jeden erdenklichen Vertriebskanal – selbstverständlich auch beim stationären Augenoptiker – verkauft werden, betonte der Vortragende. Nahrungsergänzungsmittel bedürfen keinerlei Meldung, oder Anmeldung in Österreich. Ergänzend ging Zsivkovits auch noch auf die rechtlichen Rahmenbedingungen von Medizinprodukten ein.

Auge und Omega 3 / Omega 6 Fettsäuren, Bedeutung für die Zellen und die Sehkraft
Dr. Elisabeth Giegerl

Warum werden manche Gesellschaften älter als jene in anderen Erdteilen fragte Dr. Elisabeth Giegerl zu Beginn ihres Vortrages. So ist die Lebenserwartung auf Okinawa höher als irgendwo sonst auf der Welt. In einer Langzeitstudie über eben diese auffällig hohe Lebenserwartung kam man zur Erkenntnis, dass sich Bewegung, soziale Eingebundenheit und ausgewogene Ernährung nachhaltig auf die Lebenserwartung und das Wohlbefinden im Alter auswirken, betonte Giegerl.

Dr. Elisabeth Giegerl

Dr. Elisabeth Giegerl: „Auch bei Omega 3 und 6 Fettsäuren kommt es auf die Balance an.“

Die Vortragende erklärte im Weiteren die generelle Notwendigkeit von Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren für unseren Körper und beschrieb dabei die entscheidenden Funktionen, welche zur Bildung von Prostaglandinen notwendig sind. Diese sind unter anderem für eine Vielzahl von Abläufen in unserem Körper entscheidend, Dazu gehören die Immunabwehr, die Aufgabe als Botenstoffe oder bei der Blutgerinnung. Aber auch bei einem trockenen Auge können Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren dienlich sein. Forschungsergebnisse lassen vermuten, dass das Risiko eines trockenen Auges durch eine Aufnahme von Omega-3 und Omega-6 Fettsäuren verringert werden kann.

Besonders reich an Omega-3 Fettsäuren sind Kaltwasserfische wie Sardellen, Heringe, Makrelen, Sardinen und Lachs. Im Zusammenhang mit Omega 6 Säuren warnte die Vortragende vor erhitzen Ölen. Kaltgepresste, pflanzliche Öle beinhalten im Gegensatz dazu in hoher Menge Omega 6 Fettsäuren, wobei im Weizenkeimöl nahezu alles bioverfügbar bliebe.

Dabei ist jedoch zu beachten, dass auch die Zuführung von Omega 3 zu Omega 6 im richtigen Verhältnis, etwa 1 zu 2-4, stehen sollte. Zudem sollten die Fettsäuren gemeinsam mit Vitamin E, welches in den roten Gemüsesorten enthalten ist, aufgenommen werden, so die Vortragende. Dieses Vitamin E bindet gemeinsam mit Omega 3 und Omega 6 Fettsäuren freie Radikale im Körper.

Recht und Optometrie
Rechtsanwältin Mag. Barbara Belyus

Berufsrecht, Wettbewerbsrecht, Verbraucherschutz und Haftungen standen im Mittelpunkt des Vortrages von Rechtsanwältin Mag. Barbara Belyus. „Trotz einheitlicher Berufsbezeichnung, verstehen nicht alle Staaten das Gleiche unter Optometrist“, bedauerte die Vortragende. Die Berufsbilder innerhalb der EU weichen zum Teil deutlich voneinander ab. Deshalb kann man auch die Berufsbefugnisse etwa in England nicht mit jenen in Österreich gleichsetzen. Das österreichische Berufsrecht basiert auf der Zuordnung des Optometristen zum Handwerk Augen- und Kontaktlinsenoptik und ist in der Gewerbeordnung geregelt. Gemeinsamer Bezugspunkt zwischen den Gesundheitsberufen und den Optometristen sind Sehstörungen. Der Optometrist agiert in einem medizinischen Umfeld und trägt hohe Verantwortung in einem sensiblen Tätigkeitsbereich.

Rechtsanwältin Mag. Barbara Belyus

Rechtsanwältin Mag. Barbara Belyus: „Gewährleistungsansprüche sind verschuldensunabhängig.“

In ihrem Vortrag skizzierte Rechtsanwältin Mag. Barbara Belyus die Rechtslage, sowie einschlägige höchstgerichtliche Rechtsprechung. So ist in Österreich die Diagnose, Untersuchung, Behandlung und Vorbeugung von Krankheiten und Störungen den Ärzten vorbehalten. Der orthoptische Dienst, als nichtärztlicher Gesundheitsberuf, unterstützt die Augenfachärzte bei den zuvor genannten Tätigkeiten. Trotzdem gibt es überschneidende Tätigkeiten, die sowohl den genannten Gesundheitsberufen als auch dem gewerblichen Beruf des Optometristen zugeordnet sind. Beispielhaft aufgezählt wurde etwa die Refraktion, die Anamnese, die Befunderhebung, Kontaktlinsenanpassung, usw. Solange Optometristen sich an das Berufsbild des Augen- und Kontaktlinsenoptikers halten, können sie nicht gegen den Ärztevorbehalt verstoßen, so die Vortragende. So hatte die Judikatur zum Beispiel kein Problem damit, dass ein Optometrist „das visuelle System überprüfe“ – allerdings nur im Zuge der Brillenglasbestimmung oder Kontaktlinsenanpassung. Untersuchungsmethoden des Optometristen dürfen natürlich auch dem Stand der Wissenschaft und Technik angepasst werden und müssen nicht mit „althergebrachten Methoden“ erfolgen. Soweit etwa die Anpassung – respektive Sitzevaluierung – von Kontaktlinsen durch die Verwendung eines OCT’s erleichtert wird, ist dies aus Sicht der Vortragenden rechtlich in Ordnung. Keinesfalls erlaubt ist jedoch jegliche Art von Diagnosetätigkeit bzw. die Interpretation solcher OCT-Bilder. Hier würde ganz klar ein Verstoß gegen den Ärztevorbehalt vorliegen.

Belyus empfahl dem Auditorium auch Achtsamkeit im Außenauftritt, denn bei Missachtung können heikle Wettbewerbsprozesse drohen. Das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) soll die Allgemeinheit, die Mitbewerber und die Verbraucher vor unlauteren Geschäftspraktiken im geschäftlichen Verkehr schützen. Neben der genauen Formulierung von Wettbewerbsverstößen in der schwarzen Liste im Anhang zum UWG, sind die Tatbestände des UWG weitgehend generalklauselartig formuliert. Die Verwendung von relativ unbestimmten Formulierungen führt zu einer durch richterliche Rechtsfortbildung gestalteten Materie. Der Überblick in einem solchen Case-Law System ist schwer. Oft ist eine Geschäftspraktik nicht so krass unlauter, dass sie gleich unter die schwarze Liste fällt und automatisch verboten ist. Sondern es wird im Graubereich agiert und schlussendlich entscheiden die Gerichte in oftmals langen Prozessen ob eine Geschäftspraktik nun erlaubt oder unerlaubt ist. Kurz vorgestellt wurden die Fallgruppen der Irreführung und des Rechtsbruchs.

Verstöße gegen das UWG werden mit einer Unterlassungsklage geltend gemacht, für die eine sechsmonatige Frist ab Kenntnis des Wettbewerbsverstoßes und eine absolute Verjährungsfrist von drei Jahren gilt. Eine vorhergehende Abmahnung ist nicht notwendig. Verliert man den Prozess, so kann man auch zur Beseitigung, Urteilsveröffentlichung und zu Schadenersatzansprüchen verurteilt werden.

Im Weiteren erklärte Belyus mögliche Haftungen im Vertragsrecht. Sie hob die zunehmende Verschärfung des Verbraucherschutzes hervor und ging überblicksweise auf Unterschiede bei Gewährleistung, Schadenersatz, Produkthaftung und Garantie ein. Dabei wies die Vortragende im Besonderen auf die gemäß Verbraucherrechte-Umsetzungsgesetz (VRUG) erfolgten Änderungen im Konsumentenschutzgesetz (KschG) und die Neueinführung des Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz (FAGG) hin. Diese neuen Bestimmungen haben zum Ziel, das in Österreich ohnehin bereits hohe Verbraucherschutzniveau weiter zu erhöhen. Sie beruhen auf den beiden Säulen der Information und der Aufklärung des Verbrauchers. So gelten für Verträge außerhalb der eigenen Geschäftsräumlichkeiten – etwa in der Wohnung des Konsumenten oder einem Pensionistenheim – und für Fernabsatzverträge – etwa über einen eigenen Webshop – mittlerweile verschärfte Regelungen. Es bestehen umfangreiche vorvertragliche Informationspflichten und Verbraucher haben erleichterte Rücktrittsmöglichkeiten. So muss der Konsument noch vor Vertragsabschluss nachweislich über sein Rücktrittsrecht aufgeklärt werden und ein Rücktrittsformular ist ihm verpflichtend zur Verfügung zu stellen.

Die Anwältin hob weiters hervor, dass Gewährleistungsansprüche verschuldensunabhängig sind. Das bedeutet für den Augenoptiker oder Optometristen, dass er für den Mangel an einer Brille, also wenn der Kunde mit der verkauften Brille schlecht sieht, einzustehen hat. Auch wenn dieser Mangel möglicherweise auf dem Fehler eines Dritten beruht – zum Beispiel ein Augenarzt verschreibt sich bei der Bestimmung der Dioptrienstärke, die Werkstatt schleift das Brillenglas falsch zentriert ein, oder Ähnliches. Dem Kunden gegenüber haftet direkt der Augenoptiker oder Optometrist aus dem Vertragsverhältnis. Unabhängig davon, bestehen, unter den gesetzlichen Voraussetzungen, Regressansprüche gegenüber dem Dritten, der den Schaden verursacht hat. Deshalb ist das Angebot einer Brillenglasbestimmung an den Kunden– auch oder insbesondere wenn Dioptrienwerte von Dritten geliefert werden – rechtlich empfehlenswert.

Abschließend empfahl Belyus auch die nebenvertraglichen Schutz- und Sorgfaltspflichten ernst zu nehmen und Kunden umfassend und nachhaltig aufzuklären. Dabei hilft ein standardisierter Handlungsablauf samt genauer, schriftlicher Dokumentation im Einzelfall. Zudem wird Beweisschwierigkeiten vorgebeugt und man hat bessere Chancen in einem Gerichtsprozess zu gewinnen.

Impressionen von der Fortbildungsveranstaltung Optometrie 2015