Die Performance individueller Gleitsichtgläser

Ein wichtiger Meilenstein in der Historie der Gleitsichtgläser war im Jahr 2000 die Einführung individueller Gleitsichtgläser, deren hohe Leistungsfähigkeit auf ihren individuell berechneten und optimierten Abbildungseigenschaften beruht. Im vorliegenden Artikel werden zur Verdeutlichung dieser Qualitätsmerkmale sowohl die wichtigsten technischen und augenoptischen Hintergründe als auch die daraus resultierenden Produktvorteile im Vergleich zu nicht individuellen Gleitsichtgläsern diskutiert.

Anschließend wird dies durch die Charakterisierung der Leistungsfähigkeit (Performance) unterschiedlicher Gleitsichtglaskonzepte mit Hilfe des von Rodenstock neu entwickelten Gleitsichtglas-Beratungsprogramm „Impression Consulting“ anschaulich verdeutlicht.

Der Weg zur Entwicklung individueller Gleitsichtgläser und die Darstellung ihrer Leistungsfähigkeit

Seit der Vorstellung des ersten Gleitsichtglases Ende der 50er Jahre durch die Firma Essilor haben auch deutsche Firmen wichtige Meilensteine bei der Entwicklung von Gleitsichtgläsern gesetzt.

So wurde 1981 von Rodenstock „Progressiv R“ als erstes Gleitsichtglas aus Deutschland vorgestellt und 1983 von Zeiss mit „Gradal HS“ das erste Gleitsichtglas in Gebrauchsstellung mit gewundener Hauptlinie eingeführt. 1996 gelang Rodenstock mit dem Gleitsichtglas „Multigressiv“ ein erster bedeutender Schritt in Richtung Individualität durch die Verwendung einer atorischen Rezeptfläche und individueller Berücksichtigung von sphärischen und zylindrischen Refraktionsdaten. Im Jahr 2000 erfolgte dann auf der Basis der von Rodenstock eingeführten Individual Lens Technology (ILT) mit „Impression“ der endgültige Schritt zu individuell optimierten und gefertigten Gleitsichtgläsern.

Seit dieser Zeit wurde der eingeschlagene Weg konsequent fortgesetzt: durch die Einführung der „Impression“-Varianten mit kurzer Progressionslänge („Impression XS“ im Jahr 2003), durch Varianten speziell für stark Hyperope („Impression Hyperop“ im Jahr 2004) sowie durch individuelle Gleitsichtgläser für spezielle Anwendungen wie Sport („Impression Sport“ im Jahr 2004) und für das Arbeiten im Nahbereich („Impression 40“ und „Impression 80“ im Jahr 2005). Gleichzeitig wurde das Konzept auch sehr erfolgreich auf individuelle Einstärkengläser übertragen („Impression Mono“ im Jahr 2005). Die Leistungsfähigkeit von individuellen Gleitsichtgläsern basiert auf der Berücksichtigung der beiden Faktoren Refraktionsdaten (Sphäre, Zylinder, Achse, Prisma, Basis, Addition) und individueller Parameter (Pupillendistanz, Fassungsscheibenwinkel, Vorneigung, Hornhautscheitelabstand), die nach
dem Bestelleingang in eine komplexe Optimierung jedes einzelnen Brillenglases eingehen.

Aus diesem Grund ist es ersichtlich, dass der exakten Messung aller in die Berechnung eingehenden Faktoren ein hoher Stellenwert zukommt. Dieser Notwendigkeit hat Rodenstock durch die Einführung seines neuen „Integrierten Service-Terminals“ (ImpressionIST), das die exakte dreidimensionale Messung aller individuellen Parameter erlaubt, Rechnung getragen.

Für das Verständnis der komplexen Fragestellung, welche Vorteile individuelle Gleitsichtgläser bieten, sind einfache singuläre Darstellungen und Vergleiche von Blickfeldern, welche die Refraktionsdaten und die individuelle Gebrauchssituation nicht berücksichtigen, nur sehr bedingt tauglich. Aus diesem Grund wurde im Hause Rodenstock ein spezielles Beratungsprogramm entwickelt („Impression Consulting“), das die Vorteile der oben beschriebenen individuellen Optimierung im Vergleich zu konventionellen Scheitelmessstellungs- Gleitsichtgläsern bzw. konventionellen Gebrauchsstellungs-Gleitsichtgläsern für jede beliebige Kombination von Refraktionsdaten und individuellen Parametern aufzeigt.

Die Grundlagen und prinzipiellen Vorteile einer individuellen Gleitsichtglasberechnung am Beispiel der Individual Lens Technology

Wie in vielen anderen Bereichen der „Life Sciences“ ist die Grundlage für hoch entwickelte und leistungsfähige Produkte die möglichst exakte Abbildung physiologischer Vorgänge in mathematische Modelle. So muss im Falle von Gleitsichtgläsern der Sehvorgang so gut wie möglich in eine mathematische Beschreibung der Abbildungseigenschaften im System Brille-Auge überführt werden. Dazu müssen in den Grundlagenbereichen physiologische Sehmodelle erarbeitet werden, die sich dann mit handhabbaren mathematischen Formeln in der Sprache der Physik und Mathematik darstellen lassen.

So wird heutzutage für die Berechnung individueller Gleitsichtgläser mit ausgefeilten Akkommodations-, Konvergenz und Visusmodellen gearbeitet, die darüber hinaus mit Objektwelten und neusten Methoden zur Berechnung optischer Abbildungen eine mathematische Beschreibung des gesamten Sehvorgangs erlauben (siehe auch Abbildung 1).

Individual Lens Technology
Abb. 1: Schematische Darstellung des physikalischen und physiologischen Modells,
das der Individual Lens Technology (ILT) und damit dem individuellen Gleitsichtglas
Impression zugrunde liegt.

Die Grundlage für die individuelle Optimierung jedes einzelnen Brillenglases ist im Falle der Rodenstock Individual Lens Technology (ILT) ein eigenentwickeltes, hoch komplexes Modell, das zusätzlich zu den physiologischen Sehmodellen auch eine flexible Flächenbeschreibung des Brillenglases an über 7000 Bewertungsstellen beinhaltet.

Auf diese Weise ist es möglich, durch individuelle Wellenfrontberechnungen sehr schnell, und damit Online nach dem Bestelleingang, die Optimierung eines Brillenglases nach einer variablen Zielfunktion durchzuführen. Für die so vorgenommene Echtzeit-Online Optimierung jedes Glases werden bei Rodenstock Multiprozessor-Großrechner eingesetzt. Mit mehr als 2000 freien Optimierungs-Parametern in einem hochdimensionalen Raum stellt diese Berechnung auch heute noch höchste Ansprüche an die eingesetzte Hardware und insbesondere an die eigenentwickelte Berechnungs- und Optimierungssoftware.

Impression
Abb. 2A: Designphilosophie des Rodenstock Impression Gleitsichtglases.
Im Brechwertverlauf wird sichtbar, dass besonders großer Wert auf weiche Übergänge gelegt wurde.

Impression
Abb. 2B: Designphilosophie des Rodenstock Impression Gleitsichtglases.
In Kombination mit breiten Fern- und Nahteilen, wie im Astigmatismusverlauf ersichtlich,
ergibt sich eine ausgezeichnete physiologische Verträglichkeit.

Es ist somit nicht weiter erstaunlich, dass es auf Grund der Komplexität dieser Methode bislang nur ganz wenigen Herstellern von Brillengläsern gelungen ist, eine echte Online-Optimierung von Brillengläsern in der individuellen Gebrauchsstellung durchzuführen. Der von den meisten Anbietern stattdessen immer noch gewählte Ausweg liegt entweder in der Verwendung von konventionellen Gleitsichtgläsern, bei denen ausschließlich eine Optimierung der Flächensysteme ohne Berücksichtigung des Sehvorgangs durchgeführt wird, oder in der Verwendung von Überlagerungsflächen, die den Anschein „individueller“ Berechnung erwecken sollen – ein Produktleistungs-Niveau, das von Rodenstock schon 1995 mit dem damaligen Produkt „Progressiv style“, dem Vorgänger des späteren „Multigressiv“, erreicht wurde.

Designphilosophie

Zusätzlich zu den Vorteilen dieser aufwändigen Online-Optimierung gehört zu einem guten Gleitsichtglas natürlich auch die Auswahl eines physiologisch optimierten Grunddesigns. Wie in Abbildung 2 ersichtlich wird, ist das Grunddesign von „Impression“ als ausgesprochen ausgewogenes Design mit großen Fern- und Nahteilen sowie gleichzeitig äußerst geringen Schaukeleffekten ausgelegt. Die prinzipiellen Vorteile des individuell online optimierten Gleitsichtglases Die prinzipiellen Vorteile eines individuell nach Bestelleingang berechneten und gefertigten Gleitsichtglases sind optimal große und scharfe Blickfelder für die jeweiligen Refraktionsdaten und die individuellen Parameter, da die Gläser unter Berücksichtigung aller relevanter Kundendaten (Refraktion, Addition, Refraktionsmessbrille, Vorneigung, Hornhautscheitelabstand, Pupillendistanz, Fassungsscheibenwinkel, Basiskurve, Fassungs- und Zentrierdaten) hergestellt sind. Zudem wird für alle Wirkungen und jeden individuellen Kunden das bestmögliche binokulare Blickfeld realisiert.

Wird diese Technologie richtig beherrscht, ergeben sich für den Hersteller daraus natürlich noch weitere Vorteile. Man erhält beispielsweise eine unübertroffene Designflexibilität – sowohl in der Theorie als auch im Fertigungsprozess, wie an der Vielzahl der eingangs erwähnten neu eingeführten Produkte auf der Basis der Individual Lens Technology deutlich sichtbar wird. Im nächsten Abschnitt gehen wir nun detailliert auf die oben beschriebenen Vorteile ein, die sich für einen Kunden mit einem individuell berechneten und gefertigten Gleitsichtglas ergeben.

Insbesondere die Möglichkeit der Darstellung der Leistungsvorteile im Vergleich zu konventionellen Gleitsichtgläsern durch das neue Gleitsichtglas-Beratungsprogramm „Impression Consulting“ wird eingehend erläutert.

Die Leistungsfähigkeit (Performance) individueller Gleitsichtgläser
Das Rodenstock Gleitsichtglas-Beratungsprogramm „Impression Consulting“

In der Vergangenheit stellte sich für den Augenoptiker immer wieder die Frage, wann bzw. bei welchen individuellen Parametern und Refraktionsdaten ein individuelles Gleitsichtglas wie „Impression“ wirkliche Kundenvorteile besitzt bzw. wie groß diese gegenüber herkömmlichen Gleitsichtglaskonzepten im speziellen Fall des jeweiligen Kunden sind. Um diese Vorteile exakt zu bestimmen und zu quantifizieren müsste allerdings das Brillenglas zuerst optimiert und berechnet werden. Wie im vorigen Abschnitt gezeigt wurde, ist dies aber „vor Ort“ beim Augenoptiker viel zu kompliziert und aufwändig.

Dennoch sollte es für ein erfolgreiches und umfassendes Beratungsgespräch des Augenoptikers die Möglichkeit geben, die Produktvorteile individueller Gleitsichtgläser direkt vor dem Kunden demonstrieren zu können. Aus diesem Grund haben wir das Rodenstock „Impression Consulting“ Gleitsichtglas-Beratungsprogramm entwickelt. Dieses Programm basiert auf der exakten Durchrechnung von mehr als 1000 Brillengläsern und berechnet die Leistungsfähigkeit verschiedener Gleitsichtglastypen durch ein spezielles, zum Patent angemeldetes Approximationsverfahren. Auf diese Weise wird es für den Augenoptiker möglich, eine Vielzahl von interessanten Vergleichen bezüglich der praktischen Leistungsfähigkeit von Gleitsichtgläsern darzustellen.

So können am Beispiel der Refraktionsdaten und der individuellen Parameter des Kunden die großen und überlegenen Blickfelder von „Impression“ mit anderen Gleitsichtglastypen verglichen werden. Es kann aber auch der Einfluss verschiedener unterschiedlicher Refraktionsdaten, individueller Parameter (z.B. unterschiedliche Fassungsscheibenwinkel) oder Progressionslängen auf die mit einem bestimmten Gleitsichtglas nutzbaren Blickfelder gezeigt werden.

Wichtig ist dabei, dass dies im direkten Vergleich zweier unterschiedlicher Gläser möglich ist. Auf diese Weise lassen sich z.B. die Unterschiede zwischen einer sportlichen Sonnenbrille mit hohem Fassungsscheibenwinkel und der normalen Alltagsbrille verdeutlichen.

Um die Leistungsfähigkeit (Performance) eines Brillenglases zu beurteilen wurde ein Kriterium verwendet, das die optische Qualität eines Brillenglases möglichst allumfassend charakterisiert, nämlich die Größe des binokularen Blickfeldes, jeweils getrennt für Ferne, Progression und Nähe (vgl. Abbildung 3).

Das binokulare Blickfeld spiegelt die Überlappung der monokularen Blickfelder und die sphärischen und astigmatischen Imbalancen in den korrespondierenden Durchblickstellen wider. Ein großes binokulares Blickfeld wird erzielt, wenn die monokularen Abbildungsfehler gering sind, die Blickfelder rechts und links deckungsgleich und die Imbalancen zwischen rechts und links klein sind. In Abbildung 3 ist die typische Verteilung des binokularen Blickfeldes bei einem „Impression“ Gleitsichtglas mit einer sphärischen Wirkung von 0,00 dpt und einer Addition von 2,00 dpt dargestellt.

Binokulares Blickfeld
Abb. 3A: Binokulares Blickfeld des Rodenstock Impression Gleitsichtglases.
Die eingezeichneten Bereiche I, II und III repräsentieren die Fernzone,
die Progressionszone und die Nahzone, wie sie im Programm verwendet werden.

Beratungsprogramm
Abb. 3B: Die Performance eines Gleitsichtglases wird im Beratungsprogramm
„Impression Consulting“ sowohl als binokulares Blickfeld wie auch als Balkendiagramm
für die Ferne, die Progression, die Nähe und in der Summe als Gesamtleistung angegeben.

Mit Hilfe des „Impression Consulting“ Beratungsprogramms können nun die Auswirkungen der Variation von Refraktionsdaten und der individuellen Parameter auf das binokulare Blickfeld bei unterschiedlichen Gleitsichtglas-Typen dargestellt werden. Die vier im Programm angebotenen Gleitsichtglastypen unterscheiden sich in der Qualität ihrer Optimierung und Berechnung. Das Grunddesign, also die Verteilung und Größe der Blickfelder, ist bei allen vier Brillenglastypen bei der sphärischen Wirkung 0,00 dpt, Zylinder 0,00 dpt, Prisma 0,00 cm/m, den Standardwerten für die individuellen Parametern (HSA 13 mm, PD 64 mm, Vorneigung 9 Grad und FSW 5 Grad) und der jeweiligen Addition identisch, bildet für die weiteren Berechnungen die Benchmark und wird als 100% Performance gewertet.

Mit Hilfe des Beratungsprogramms kann nun berechnet werden, wie gut dieses Grunddesign von den vier Brillenglastypen bei Variation der Refraktionsdaten und/oder der individuellen Parameter erhalten werden kann. Der Performancewert ist somit der Quotient der binokularen Blickfeldgröße mit den tatsächlichen individuellen Parametern und Refraktionsdaten zur binokularen Blickfeldgröße der Planwirkung und entspricht somit dem Vergleich der Leistungsfähigkeit in der tatsächlichen Gebrauchssituation zur idealen Normsituation.

Die unterschiedlichen Gleitsichtglastypen

Es werden vier unterschiedliche Brillenglastypen zum Vergleich angeboten:

1. Konventionelle Scheitelmessstellungs-Gleitsichtgläser

Dies stellt die niedrigste Qualitätsstufe von Gleitsichtgläsern dar. Bei diesen Brillengläsern werden für die Optimierung weder die Refraktionsdaten noch die individuellen Parameter berücksichtigt. Solche Brillengläser weisen nur bei Standardparametern und sehr geringen sphärischen Wirkungen eine gute Performance auf, da sie nicht in der Gebrauchsstellung, sondern nur in der Scheitelmessstellung berechnet werden. Beispiele für konventionelle Scheitelmessstellungs-Gleitsichtgläser waren u.a. die „historischen“, inzwischen nicht mehr auf dem Markt befindlichen Rodenstock Gleitsichtgläser „Progressiv R“ und „Progressiv S“. Es gibt auch jetzt noch auf dem Markt eine Vielzahl von Mitbewerberprodukten, die ebenfalls in diese Kategorie fallen.

2. Konventionelle Gebrauchsstellungs-Gleitsichtgläser

Gebrauchsstellungsoptimierte Brillengläser werden zwar schon für eine standardisierte mittlere Gebrauchssituation optimiert und berechnet, aber es werden weder individuelle Parameter noch Refraktionsdaten berücksichtigt. Die angenommene Gebrauchssituation berücksichtigt lediglich Standardparameter und – mit einer je nach Modell und Hersteller unterschiedlichen Anzahl an Basiskurven – singulär auch die sphärische Wirkung, allerdings pro Basiskurve jeweils nur eine Wirkung (Basiskurveneffekt). Gegenüber einem Scheitelmessstellungsglas haben diese Brillengläser aber den Vorteil, dass sie auch bei höheren sphärischen Verordnungen noch eine akzeptable Performance aufweisen. Die Rodenstock Produktfamilie „Progressiv life“ fällt z.B. in diese Kategorie.

3. Wirkungsoptimierte Gleitsichtgläser

Bei diesen Brillengläsern gehen die kompletten Refraktionsdaten, also die sphärische, zylindrische und prismatische Wirkung in die Optimierung ein. Individuelle Parameter werden nicht berücksichtigt, es werden stattdessen Standardparameter angenommen. Somit erfolgt also eine Optimierung in der normierten Gebrauchssituation unter Berücksichtigung aller Refraktionsdaten. Brillengläser dieser Kategorie weisen unabhängig von den Refraktionsdaten immer eine sehr gute Performance auf, solange die individuelle Gebrauchssituation nicht zu stark von der Standardgebrauchssituation abweicht. Zu den Gleitsichtgläsern dieser Kategorie zählt die Rodenstock Produktfamilie „MultigressivILT„.

4. Individuelle Gleitsichtgläser

Bei diesen Brillengläsern werden die kompletten Refraktionsdaten und alle individuellen Parameter für die Optimierung berücksichtigt, d.h. nur bei diesem Typ Gleitsichtgläser erfolgt tatsächlich eine Optimierung in der individuellen Gebrauchssituation. Dies garantiert immer die bestmögliche Performance. Die Rodenstock Produktfamilie „Impression“ fällt in diese Kategorie.

Der Einfluss der unterschiedlichen Refraktionsdaten und individueller Parameter auf die Performance

Aus den Abbildungen 4 und 5 geht deutlich hervor, dass sich die einzelnen Größen (Refraktionsdaten und individuelle Parameter) in ihrer Art und Größe unterschiedlich auf die Leistungsfähigkeit von Gleitsichtgläsern auswirken. Es zeigt sich, dass bei konventionellen Brillengläsern die binokularen Blickfelder in erster Linie durch monokulare Abbildungsfehler eingeschränkt werden. Diese entstehen durch schiefe Bündel (Refraktionsfehler und Astigmatismus schiefer Bündel), die bei der Optimierung nicht berücksichtigt wurden, oder auch durch andere Einfallswinkel in der tatsächlichen Gebrauchssituation gegenüber der bei der Optimierung angenommenen Standardsituation.

In allen folgenden Darstellungen wurden folgende Farben
gewählt:
• Blauer Balken: „Impression“,
• Roter Balken: „MultigressivILT„,
• Gelber Balken: Konventionelles Gebrauchsstellungs-Gleitsichtglas,
• Grüner Balken: Konventionelles Scheitelmessstellungs-Gleitsichtglas

sphärischen Refraktionswert
Abb. 4A: Abhängigkeit der Performance vom sphärischen Refraktionswert
bei einer Addition von 2,00 dpt und Standardparametern.
Es ist deutlich der im Text erwähnte Basiskurveneffekt
für gebrauchsstellungsoptimierte Gleitsichtgläser zu erkennen.

In Abbildung 4 werden die Auswirkungen der Refraktionsdaten auf die Performance der unterschiedlichen Gleitsichtglastypen gezeigt. Der große Einfluss des sphärischen Refraktionswertes ist in Abb. 4A dargestellt. Konventionelle Scheitelmessstellungsgläser weisen nur im Wirkungsbereich von ungefähr +2/-3 dpt eine vertretbare Performance auf, und auch konventionelle Gebrauchsstellungsgläser zeigen insbesondere im hohen Plusbereich deutliche Performanceverluste. „Impression“ und „MultigressivILT“ hingegen bieten über den ganzen Wirkungsbereich immer eine Performance von mehr als 90%, da bei beiden der sphärische Refraktionswert in der Optimierung berücksichtigt wird.

zylindrischer Refraktionswert
Abb. 4B: Abhängigkeit der Performance vom zylindrischer Refraktionswert
bei einer sphärischen Wirkung von +1,00 dpt, einer Addition von 2,00 dpt
und Standardparametern.

Die zylindrische Wirkung hat (neben dem Fassungsscheibenwinkel, wie später noch gezeigt werden wird) den größten Einfluss auf die Performance (siehe Abb. 4B). Zwar nimmt auch bei „Impression“ und „MultigressivILT“ die Performance bei höheren Zylinderwirkungen, insbesondere bei schrägen Achslagen, ab, jedoch weisen konventionelle Gleitsichtgläser in diesem Bereich so gut wie überhaupt keine Performance, d.h. keine nutzbaren binokularen Blickfelder, mehr auf. Auch bei prismatischen Verordnungen nimmt die Performance bei konventionellen Gleitsichtgläsern sehr schnell ab (siehe Abb. 4C).

prismatischen Refraktionswert
Abb. 4C: Abhängigkeit der Performance vom prismatischen Refraktionswert
bei einer sphärischen Wirkung von +1,00 dpt, einer Addition von 2,00 dpt
und Standardparametern.

Bereits bei einem Prisma von 1,5 cm/m sinkt ihre Performance auf unter 50%, während sie bei „Impression“ und „MultigressivILT“ nach wie vor bei über 95% liegt. Diese Berechnungen zeigen eindrucksvoll die Stärke von wirkungsoptimierten Gleitsichtgläsern im Vergleich zu herkömmlichen Gleitsichtglastypen. Im Folgenden untersuchen wir nun zusätzlich den Einfluss der individuellen Parameter Vorneigung, Pupillendistanz und Fassungsscheibenwinkel auf die Performance.

Ein gutes Beispiel für die oben beschriebene Einschränkung der binokularen Blickfelder durch monokulare Abbildungsfehler ist die Abweichung der Vorneigung von einer bei der Optimierung angenommenen Standardvorneigung. Es handelt sich dabei um eine rechts und links gleichsinnige Veränderung, wodurch zwar keine binokularen Imbalancen hervorgerufen werden, sich aber die Einfallswinkel der Strahlenbündel sehr stark ändern (siehe Abb. 5A).

Vorneigung
Abb. 5A: Abhängigkeit der Performance von A der Vorneigung,…

Pupillendistanz
Abb. 5B: …der Pupillendistanz und…

Fassungsscheibenwinkel
Abb. 5C: …dem Fassungsscheibenwinkel, dargestellt jeweils
bei einer sphärischen Wirkung von +2,50 dpt, einer Addition
von 2,00 dpt und Standardparametern.

Bei dem mit 9 Grad verwendeten Standardwert der Vorneigung weisen „Impression“ und „MultigressivILT“ selbstverständlich die gleiche Performance auf. Weicht die tatsächliche Vorneigung von diesem Standardwert ab, so nimmt die Performance bei nicht individuellen Gläsern sehr schnell ab. Bei einer Vorneigung von 0 Grad, wie sie bei kleinen Brillenfassungen oder Sportbrillen nicht unüblich ist, weisen außer „Impression“ alle anderen Brillengläser eine Performance von unter 50% auf, während sie bei „Impression“ noch immer 90% beträgt.

Zusätzlich zu den binokularen Blickfeldeinschränkungen durch monokulare Abbildungsfehler können bei konventionellen Brillengläsern die binokularen Blickfelder auf Grund sich unsymmetrisch ändernder Blickfelder für rechts und links eingeschränkt werden. Hierfür ist die Abweichung der Pupillendistanz von der Standard-Pupillendistanz ein gutes Beispiel. Die Änderung der Einfallswinkel ist sehr gering, aber im Progressions- und Nahbereich sind die Blickfelder durch die unsymmetrische Änderung rechts/links nicht mehr deckungsgleich (Abb. 5B).

Der Fassungsscheibenwinkel hingegen weist eine Kombination der beiden gerade beschriebenen Faktoren auf. Zum einen ändern sich die Einfallswinkel der Strahlenbündel sehr stark, was zu großen monokularen Aberrationen führt, und zum zweiten sind die Blickfelder auch noch auf Grund der gegensinnigen Veränderung rechts und links unsymmetrisch modifiziert und somit nicht mehr deckungsgleich. Aus diesem Grund hat der Fassungsscheibenwinkel von allen individuellen Parametern den größten Einfluss auf die Performance von Gleitsichtgläsern (siehe Abb. 5C). Schon bei einem Fassungsscheibenwinkel von 10 Grad sinkt die Performance bei Gleitsichtgläsern, die diesen individuellen Parameter nicht berücksichtigen, auf unter 50%, wohingegen „Impression“ immer noch eine Performance von nahezu 100% aufweist. Der Hornhautscheitelabstand hat prinzipiell, ähnlich wie die Pupillendistanz, einen geringeren Einfluss auf die Performance als der Fassungsscheibenwinkel (siehe Abb. 6A).

Hornhautscheitelabstand
Abb. 6: Abhängigkeit der Performance vom Hornhautscheitelabstand
bei A einer sphärischen Wirkung von +2,50 dpt, einer Addition von 2,00 dpt und Standardparametern
sowie B einer sphärischen Wirkung von +4,50 dpt, einer Addition von 2,00 dpt und Standardparametern.

Allerdings ist wichtig zu verstehen, dass sich die einzelnen Parameter natürlich auch gegenseitig beeinflussen. So nimmt beispielsweise die Abhängigkeit der Performance vom Hornhautscheitelabstand mit Zunahme der sphärischen Wirkung sehr stark zu (siehe Abb. 6B). Eine Ausnahme bildet auch hier wieder „Impression“.

„Impression Consulting“ zur Berechnung der Leistungsfähigkeit von Gleitsichtgläsern

Um dem Optiker die Möglichkeit zu geben, diese komplexen Zusammenhänge und Abhängigkeiten dem Kunden einfach und anschaulich zu erläutern und auf diese Weise die überlegene Leistungsfähigkeit von individuellen Gleitsichtgläsern zu demonstrieren, wurde bei Rodenstock das Beratungsprogramm „Impression Consulting“ entwickelt. Mit diesem Beratungsprogramm ist es möglich, für jede beliebige Kombination der Refraktionsdaten und der individuellen Parameter die Leistungsfähigkeit der unterschiedlichen Gleitsichtglastypen zu berechnen und grafisch darzustellen (siehe Abb. 7).

Beratungsprogramm
Abb. 7: Eingabefeld des Gleitsichtglas-Beratungsprogramms „Impression Consulting“.

Neben den Refraktionsdaten und den individuellen Parametern kann außerdem noch die Sehschärfe des Kunden angegeben werden. Brillenträger mit einer hohen Sehschärfe bzw. einem hohen Visus reagieren natürlich empfindlicher auf Abbildungsfehler als Personen mit einer geringen Sehschärfe.

Mit der Berücksichtigung dieser Tatsache kann man nun qualitativ die subjektive Empfindlichkeit auf Abbildungsfehler und somit die individuell unterschiedliche Beurteilung der Leistungsfähigkeit eines Gleitsichtglases regulieren. Dies ist allerdings kein hartes quantitatives, sonder eher ein weiches qualitatives Kriterium.

So ist die subjektive Wahrnehmung und physiologische Gewichtung der Abbildungsfehler auch abhängig von der Qualität des Binokularsehens und den generellen Anforderungen die ein Brillenträger an das Sehen stellt. In den meisten Fällen ist die mittlere Einstellung („Sehschärfe mittel“) passend. Weist ein Brillenträger jedoch eine sehr hohe Sehschärfe (Visus > 1,25) oder ein sehr gutes Binokularsehen (Stereogrenzwinkel < 10’’) auf oder stellt er sehr hohe Anforderungen an das Sehen, sollte die Einstellung "Sehschärfe hoch" gewählt werden. Hat der Brillenträger hingegen eine geringe Sehschärfe (Visus < 0,8) und/oder ein schlechtes Binokularsehen (z.B. Amblyopie auf einem Auge oder Stereogrenzwinkel > 30’’) oder stellt keine besonderen Anforderungen an das Sehen, so wählt man die Einstellung „Sehschärfe niedrig“.

Der Hauptanwendungszweck des Beratungsprogramms wird in der Praxis im Vergleich von unterschiedlichen Brillenglastypen bei gleichen Refraktionsdaten und individuellen Parametern liegen. Der Augenoptiker kann seinem Kunden die Vorteile von „Impression“ direkt und individuell demonstrieren. Aus diesem Grund ist der Einstellknopf „Werte übernehmen“ im Eingabefeld standardmäßig eingeschaltet, wie in Abbildung 7 zu sehen ist.

Zusätzlich ist es jedoch auch möglich, Brillengläser mit unterschiedlicher Verordnung und/oder unterschiedlichen individuellen Parametern zu berechnen. Dies ist z.B. sinnvoll, um die Unterschiede zu einer zweiten Brille (so z.B. einer Sportbrille oder auch zur alten Brille mit alter Verordnung) zu demonstrieren. In diesem Fall muss der Einstellknopf „Werte übernehmen“ im Eingabefeld ausgeschaltet werden. Die graphische Ausgabe des Beratungsprogramms stellt die Performancewerte als Balken dar, jeweils getrennt für Fern-, Progressions-, Nah- und Gesamtbereich. Ein vollständig blau ausgefüllter Balken bedeutet 100 %, ein vollständig weißer Balken 0% Performance. Oberhalb der Balkendarstellung werden zusätzlich direkt die binokularen Blickfelder dargestellt (siehe Abb. 8).

Beratungsprogramm
Abb. 8: Darstellungsseite des Gleitsichtglas-Beratungsprogramms „Impression Consulting“.
Im linken Bereich des Bildschirms können die individuellen Parameter variiert werden.
Auf der rechten Seite
zeigt sich sofort der Einfluss der Änderungen auf das binokulare Blickfeld
und die Performance Werte für Ferne, Progressionszone, Nähe und Gesamtleistung.
Durch die Darstellung zweier verschiedener
Gläser kann die Performance
unterschiedlicher Gleitsichtglastypen direkt verglichen werden — im abgebildeten Beispiel
das individuelle Gleitsichtglas „Impression“ mit einem konventionellen
Gebrauchsstellungsglas.

Im linken Feld der Darstellungsseite des Programms lassen sich die Individualparameter variieren und somit direkt deren Einfluss auf die binokularen Blickfelder demonstrieren. Durch die Möglichkeit, zwei Gleitsichtglastypen gleichzeitig darzustellen, ist außerdem ein direkter Vergleich des unterschiedlichen Leistungsvermögens möglich.

Fazit

Das Gleitsichtglas-Beratungsprogramm „Impression Consulting“ eröffnet dem Augenoptiker die Möglichkeit, seinem Kunden anschaulich und leicht nachvollziehbar zu demonstrieren, welchen Einfluss die individuelle Stellung der Brille vor dem Auge auf die Leistungsfähigkeit verschiedener Gleitsichtglastypen hat.

Die Vorteile hochwertiger, individuell optimierter Gleitsichtgläser wie „Impression“ können direkt, eindrucksvoll und individuell dargestellt werden. Dies gilt insbesondere für das eingangs erwähnte „Integrierte Service-Terminal“ ImpressionIST, bei dem das Beratungsprogramm ein integrierter Bestandteil ist. Die gemessenen individuellen Parameter werden dort direkt beim Aufruf des Beratungsprogramms übernommen.

So wird sofort ersichtlich, dass erst die Kombination der Wirkungsoptimierung und der individuellen Optimierung unter Berücksichtigung aller relevanten Parameter bestmögliche Performance garantiert. Das Gleitsichtglas-Beratungsprogramm „Impression Consulting“ bietet dem Augenoptiker die Möglichkeit, jedem Kunden anhand seiner individuellen Daten zu vermitteln, dass sowohl die Refraktionsdaten als auch die individuellen Parameter (und hier insbesondere der Fassungsscheibenwinkel) eine große Bedeutung für die Leistungsfähigkeit von Gleitsichtgläsern haben. Aus diesem Grunde sollte bei der Wahl von individuellen Gleitsichtgläsern besonders darauf geachtet werden, dass alle diese Parameter bei der individuellen Optimierung auch tatsächlich berücksichtigt werden.

Dem Augenoptiker steht somit ein Beratungsprogramm zur Verfügung, mit dem er höchste Kompetenz und Professionalität
vermitteln und dem Kunden ein echtes Kauf- und Beratungserlebnis bieten kann.

Dieser Artikel ist entnommen aus der DOZ vom 12-2005

Adresse der Autoren:
Dipl.-Ing. (FH) Gregor Esser
PD Dr. Dietmar Uttenweiler
Rodenstock GmbH
Forschung & Entwicklung Brillengläser
Isartalstr. 43
80469 München

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