Lorraine Berton, die erste weibliche MIDO Präsidentin, hat am Tag vor der Eröffnung der Messe ein umfassendes Interview zur Zukunft der Branche mit dem optikum geführt.
Gratulation nachträglich zur ANFAO und IES Präsidentschaft. Sie sind die erste weibliche Präsidentin und profitieren zudem von einer jahrelangen Erfahrung im eigenen Eyewear Unternehmen Arlecchino. Wollen Sie uns ein wenig zu Ihrer beruflichen Laufbahn erzählen?
Lorraine Berton: „Ich bin in Neuseeland als Tochter dorthin emigrierter, italienischer Eltern auf die Welt gekommen und dann als siebenjähriges Mädchen nach Italien übersiedelt. Mit 18 bin ich dann wieder zum Studium nach Neusseland übersiedelt um danach wieder nach Italien zurück zu kommen. Ein bißchen hört man wohl jetzt noch meine neuseeländische Aussprache. Nun bin ich seit 42 Jahren bei Arlecchino tätig, eine gut bekannte Eyewear Manufaktur im Herzen von Italien. Ich habe von Grund auf mit meinen eigenen Händen gelernt Brillen zu produzieren. Arlecchino hat Vor über 40 Jahren als Familienbetrieb gestartet und wenn man in einem Familienbetrieb arbeitet, dann macht man prinzipiell alles. Man arbeitet in der Produktion, im Verkauf und in der Administration. Über die Jahre ist das Unternehmen stark gewachsen und haben die Höhen und Tiefen des Marktes miterlebt und wir haben einige wichtige Entscheidungen treffen müssen um auf einem hohen Standard zu bleiben, insbesondere als der gesamte Weltmarkt plötzlich auch mittelmässige Eyewear produziert hat. Die Fokussierung auf Qualität hat sich über die Jahre jedoch bezahlt gemacht. Des Weiteren mag ich die Menschen, die in der Eyewear Branche arbeiten.“
Welche Visionen haben Sie zur MIDO in den kommenden Jahren? Wohin soll sich Ihrer Meinung nach die MIDO hin entwickeln?
Lorraine Berton: „Es gab bereits einige Veränderungen. Es gibt viel zu tun. Nachhaltigkeit, Koommunikation und Information, die Integration von Frauen am Markt und Inklusion als Gesamtes sind wichtige Aspekte für meine Präsidentschaft. Inklusion bedeutet für mich, dass es keine Unterschiede zwischen Menschen gemacht werden dürfen. Damit meine ich nicht die unterschiedlichen Begabungen. Inklusion am Brillenmarkt beduetet, dass sie sobeschaffen sein müssen um allen eine Freude zu machen. Und zudem müssen sich auch alle in der Brillenproduktion wohlfühlen können, denn es ist mittlerweile gar nicht mehr so einfach Brillen zu produzieren. Es besteht aktuell ein hoher Druck am Markt, aber ich bin der Meinung unsere Branche ist sehr resilient. Daran werden auch hoffentlich neue Zölle, wie es etwa der amerikanische Präsident in Aussicht stellt, nichts ändern. Denn wenn man Qualität produziert, ist man als Branche widerstandsfähig gegen solche Entwicklungen. Allerdings hoffe ich, dass die Weltpolitik intelligent genug ist, um die Menschen in Frieden arbeiten zu lassen. Es reicht, dass wir interne Aufgaben gemeinsam mit den Mitarbeitern in der Produktion meistern, zusätzliche Probleme von außen zu meistern ist dann wirklich eine starke Leistung.“
Gibt es in der Eyewear Mode einen erwähnenswerten Trend hinsichtlich Formen, Farben oder Materialien?
Lorraine Berton: „Wenn Sie eine Dame fragen, was ist der Trend, dann antworte ich am morgen trage ich flache Schuhe, zu Mittag gehe ich laufen und am Abend trage ich hohe elegante Heels. Wenn es einen Trend gibt, dann das zu respektieren, war junge Menschen wollen. Etwa sich ernsthaft um Nachhaltigkeit zu kümmern. Die jüngere Generation schaut sehr wohl auf Zertifikate, die eine nachhaltige und faire Produktion nachweisen. Auch macht es Sinn die Beschaffenheit von Land und Meer in seine Überlegungen und in das Design von Brillen in irgendeiner Form miteinzubeziehen. Das ist wohl ein Trend in der Branche, aber es gibt de facto keinen wirklichen Haupttrend, den man über alles und alleine nach vorne stellen kann.“
Die großen Augenoptik-Ketten und der Online-Handel sind weltweit immer mehr am zunehmen. Haben Ihrer Meinung nach traditionelle Augenoptik-Betriebe noch eine Chance sich dagegen zu positionieren?
Lorraine Berton: „Dazu sage ich Ihnen etwas: Ich gehe beispielsweise nicht in einen Supermarkt um eine hochwertige Salami zu kaufen. Wenn man gutes Essen kaufen möchte, dann will man auch mit einer Person sprechen können, die sich mit den Produkten auch gut auskennt. Man will sich sicher sein was man kauft und das man gegebenfalls bei Fragen auch wieder zurückkommen kann. Die traditionellen Augenoptiker müssen eben stark bleiben. Auch meine Produktion von Eyewear ist im letzten Jahr 40 Prozent gewachsen. Wenn man Liebe und Hingabe zu seinem Beruf hat und sich von den Ketten differenziert als Metapher, man darf eben keine durchschnittliche Salami anbieten.“
Warum sollten deutsche und österreichische Augenoptiker – soweit sie nicht ohnehin bereits gerade eben auf der MIDO Besucher sind – die MIDO 2026 besuchen?
Lorraine Berton: „Die MIDO ist die einzige Veranstaltung in der Branche, die die gesamte Lieferkette abdeckt. Sie ist damit eine unverzichtbare Plattform für Augenoptiker, die sich über die neuesten Produktinnovationen informieren, Geschäfte abwickeln und über Entwicklungen in der Branche auf dem Laufenden bleiben wollen. Mit Tausenden von Teilnehmern aus über 160 Ländern ist sie auch eine unvergleichliche Gelegenheit zum Networking, die Designer, Hersteller und wichtige Akteure der Branche zusammenbringt. Über das Networking hinaus bietet die MIDO eine exklusive Vorschau auf künftige Trends, die es Ausstellern und Optikern ermöglicht, ihren Kunden die neuesten Modelle vorzustellen, bevor sie zum Mainstream werden. Die Veranstaltung wirft auch ein Schlaglicht auf Eyewear Made in Italy – die für ihre überragende Qualität und ihr Design bekannt sind – und bietet Branchenfachleuten die Möglichkeit, authentische italienische Materialien und Handwerkskunst zu entdecken, die luxussuchende Verbraucher ansprechen. Als wahres Trendobservatorium ist die MIDO die erste Adresse, wenn es darum geht, Innovationen und künftige Richtungen in der Brillenbranche zu verfolgen. Und natürlich bedeutet ein Besuch der MIDO mehr als nur die Teilnahme an einer Fachmesse – es ist eine Gelegenheit, Mailand zu erleben, eine Stadt, die für ihren Luxus, ihre reiche Kultur und ihre außergewöhnliche Küche bekannt ist.“
Mit ROLF und Silhouette haben übrigens einen Tag nach diesem Interview zwei österreichische Eyewear Produzenten einen MIDO Award verliehen bekommen. ROLF wurde in der Kategorie Certified Sustainable Eyewear Award und Silhouette wurde in der Kategorie Stand Up For Green von der MIDO ausgezeichnet.