Die Kärntner Landesinnung der Gesundheitsberufe (Sparte Augenoptik) lud am 18.11.2017 im Auftrag von LIM Ing. Mario Teufl, MSc zu einer interdisziplinären und internationalen Fortbildungsveranstaltung zum Thema Kinderoptometrie und Myopiekontrolle. Dem ganzen wurde ein würdiger Rahmen im Schlosshotel Velden am Wörthersee gesetzt. Zu den Teilnehmern aus Österreich konnten auch Interessierte aus Deutschland, Italien, Slowenien und der Schweiz begrüßt werden. Alles in Allem nahmen an der Veranstaltung knapp 80 Personen aus den Disziplinen Augenoptik, Ophthalmologie und Orthoptik teil.
Kinderoptometrie und Myopiekontrolle
Nach der Eröffnung durch LIM Teufl startete die Veranstaltung gleich mit einem Vortrag von Seiten der Augenärzte. Dr. Herbert Staber beleuchtete in seinem Vortrag das Thema der Veranstaltung aus medizinischer Sicht.
Er zeigte die morphologischen und pathologischen Veränderungen des Auges auf, welche aus hohen Myopien resultieren, sowie deren Therapiemöglichkeiten. Sehr anschaulich wurde gezeigt, warum es so wichtig ist, einen Weg zu finden, die fortschreitende Kurzsichtigkeit frühzeitig zu bremsen oder gar zu stoppen.
Die nächsten Vortragenden waren zwei namhafte Orthoptistinnen aus dem Klinikum Klagenfurt, die auf die Problematik aus der Sicht ihrer Berufsgruppe eingingen.
Michaela Sieger und Doris Martius-Nusser wiesen in ihrem erfrischenden Vortrag unter anderem auf die Notwendigkeit der Einschränkung des Konsums von digitalen Medien bei Kindern hin. Sie zeigten auch anschaulich die Sehentwicklung bei Kleinkindern und die möglichen Anfangspunkte für frühzeitige Therapien im Bereich der progredienten Myopie auf.
Anschließend ging die „Vortragsreise“ nach Italien. Marino Formenti O.D. von den Universitäten Padua und Montreal brachte einen Überblick der Studienlage im Bereich der Myopiekontrolle. Von der Versorgung durch spezielle Kontaktlinsen bis hin zur richtigen Ernährung scheint es viele Möglichkeiten des Eingreifens in der Entstehung der Myopie zu geben.
Als Präsident der EurOK (European Academy of Orthokeratology and Myopia Control) konnte er den Zuhörern auch die neuesten Trends im Bereich der Orthokerathologie und den technischen Modifikationsmöglichkeiten näher bringen. Marino Formenti gab aber auch zu bedenken, dass wir jetzt reagieren sollten und nicht warten sollten bis alles mit 100 prozentiger Sicherheit bewiesen ist. In diesem Zusammenhang erwähnte er die Zusammenhänge zwischen der Sitzposition beim Lesen von Kindern und die mit wenig Aufwand zu erreichenden Änderungen.
Nach der Mittagspause eröffnete dann Prim. Dr. El Shabrawi mit seinem Vortrag den Nachmittag. Er präsentierte Fälle von Kontaktlinsenkomplikationen im Verlauf eines Jahres auf der Augenklinik Klagenfurt und zeigte die Studienlage zum Thema Myopiekontrolle von Seiten der Augenärzte. Er wies auf die Notwendigkeit der guten Kunden- und Patientenaufklärung hin und empfahl sich diese auch von den Kunden bestätigen zu lassen. Er machte auch keinen Hehl daraus, dass er persönlich kein großer Freund von Orthokeratologie-Kontakttlinsen bei Kindern sei, jedoch gegen am Tag getragene funktionierende Varianten keine Einwände hätte.
Pirmarius El Shabrawi ging auch auf die ATOM1 und 2 Studien ein, welche sich mit der Gabe von Atropin zur Verlangsamung des Fortschreitens der Kurzsichtigkeit beschäftigen. Er hat aber gemeint, dass er selbst aufgrund der aktuellen Studienlage kein Atropin bei Kindern geben würde.
Als nächstes brachte Wolfgang Laubenbacher, seines Zeichens Geschäftsführer der Firma Tech-Lens, einen Praxisbericht aus seiner jahrelangen Anpasserfahrung im Bereich Orthokeratologie.
Er brachte 10 Fallbeispiele und zeigte, dass bei gewissenhafter Anwendung und Einhaltung der Nachkontrollen diese Kontaktlinsen genau so sicher wie konventionelle Linsen angewendet werden können. Er ist auch selber seit über zehn Jahren begeisterter OrthoK Träger und würde es auch jedem anderen empfehlen.
Jetzt ging es in die Schweiz und die Zuhörer konnten einen kleinen Einblick bekommen, welche digitale Möglichkeiten es im Bereich des Myopiemanagements gibt. Pascal Blaser, MSc, der auch für die Firma SwissLens arbeitet, präsentierte seine internationale Datenbank Myopia Care, welche sich intensiv mit der Datenerfassung und Auswertung im Bereich der progredienten Myopie beschäftigt.
Es sind dabei sowohl Eltern wie auch Professionisten integriert und können auf Informationen zugreifen oder auch auswerten. Weiters präsentierte er auch verschiedene Apps im Zusammenhang mit der Myopie. Eine davon sorgt für die Einhaltung des richtigen Arbeitsabstands beim Lesen und bringt eine Fehlermeldung sobald man sich zu weit annähert.
Auch der nächste Vortragende kam aus der Schweiz. Michael Bärtschi Ph.D. kommt aus Bern und ist kein Unbekannter in der Branche. Michael Bärtschi pflegt eine enge Zusammenarbeit mit der Klinik wie auch mit Kollegen. Er betreute und betreut auch selber immer wieder Studien im Bereich Kontaktlinse und Auge.
Michael Bärtschi betrachtete schon bereits präsentierte Studien unter einem anderen Blickwinkel. Er wollte damit aufzeigen, dass man Ergebnisse auch kritisch hinterfragen sollte und es wichtig sei, die Daten genau zu interpretieren. Wie auch seine Vorredner wies auch er auf die Notwendigkeit des Handelns im Bereich der Myopiekontrolle eindringlich hin.
Der letzter Vortragender kam auch aus der Schweiz und befasst sich seit mehr als 10 Jahren mit der Funktionaloptometrie. Diese Spezialisierung ist ein Teil der Optik, welcher sich mit den Verhaltensmustern und vor allem mit den Sehgewohnheiten der Menschen beschäftigt. Der Zugang zur Myopie ist aus diesem Gesichtspunkt ein ganz anderer und es geht sehr viel um die Lesegewohnheiten und die Entfernungen, die dabei eingenommen werden.
Tobias Hermann, MSc hat den Zuhörern anschaulich vor Augen gehalten, wie wichtig es bei Kindern sein kann, sie einen gewissen Zeitraum lang mit „kompensierenden“ Nahplus Gläsern zu versogen und dass auch diese Maßnahme zu einem Verlangsamen der Myopieprogression führen kann.
Alles in Allem waren die Vorträge so spannend, dass die Zeit wie im Fluge vergangen ist und es zu einer leichten Zeitüberschreitung gekommen ist. Da alle Fragen der Zuhörer gleich ausdiskutiert wurden, war es nicht schlimm, dass die abschließende Podiumsdiskussion aus Zeitgründen entfallen musste. Die Teilnehmer waren unisono begeistert und freuen sich – so vernahm man es – schon auf den nächsten „Österreichischen Tag der Optometrie“.
Der Autor dieses Artikels, Ing. Mario Teufl, MSc
Augenoptiker & Master of Science (klinsche Optometrie/clinical Optometry)
Landesinnungsmeister-Stv. und Berufsgruppensprecher der Landesinnung der Gesundheitsberufe Kärnten