Das OIWS – die Abkürzung für Optometrie Intensiv WorkShop – lud letzten Samstag zum zweiten mal zum jährlichen Update. Der Dachsaal der Wiener Urania bot als Seminarort einen würdigen Rahmen und war mit knapp 80 Teilnehmern gut besucht. In vier Vorträgen widmeten sich die Referenten vor allem den geänderten Bedingungen am augenoptischen Markt. Im Brennpunkt standen unter anderem der UV- und Blaulicht-Schutz und die Anpassung nebst Vermarktung von hochwertigen Kontaktlinsen.
Fotos: Helena Katharina Wimmer
Sonne, UV & Auge
Lösungen und Praxistipps für Kontaktlinsen, Brillen und Sportoptik
In seinem sehr kurzweiligen und unterhaltsamen Vortrag „Sonne, UV & Auge“ richtete Helmut Fuchs sein Augenmerk unter anderem auf die Faktenlage zur UV-Belastung. „Bei Erwachsenen dient die Augenlinse als natürlicher Schutzschild zur Absorption der UVB-Strahlung ab 280nm. Kinder unter 10 Jahren weisen allerdings noch eine 75%ige UVB-Durchlässigkeit der Augenlinse auf. Bei den 25jährigen Personen sind es immerhin noch beachtenswerte 10% UVB-Durchlässigkeit der Augenlinse“, warnte Fuchs.
„Kinder verbringen tendenziell mehr Zeit im Freien als Erwachsene. Aber nur etwa 3% der Kinder tragen regelmäßig Sonnenbrillen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass die Kinder bis zum 18. Lebensjahr 23% der lebenslangen UV-Belastung das Auge erreichen. Eine aktuelle australische Studie zeigt, dass 80% der Kinder im Alter von 15 Jahren bereits Anzeichen UV-bedingter Schädigungen aufweisen.“
In seinen weiteren Ausführungen gab Fuchs sofort umsetzbare Anwendertipps bei der Beratung und beim Verkauf von Kindersonnenbrillen.
Relativ unbeachtet ist derzeit noch die Intensität des limbal fokussiertem Lichts. Faktisch wird temporal einfallendes Licht am gegenüberliegenden nasalen Limbus fokussiert und führt dort zu Gewebeschäden. Fuchs demonstrierte dies eindrucksvoll mittels einer leicht nachzubauenden Testanordnung und zeigte dem Auditorium, wie man diese Tests beim Sonnenbrillen und Sportsonnenbrillenverkauf einsetzen kann. Im Folgenden erklärte Fuchs ausführlich die Anforderungen an das Sehen und den Sonnenschutz bei diversen Sportarten und die dazu am besten geeignetsten Filtergläsern.
Kontrast und Farbe
Was tun Filter mit oder ohne Kante dem Spektrum an?
Ignaz Alois Stütz reiste in die Urania mit einer Natriumdampflampe und umfangreichem Equipment an, welches unter anderem von der TSB – Transdanubia Technik für Sehbehinderte und Blinde zur Verfügung gestellt wurde. In seinen praktischen Ausführungen zu „Kontrast und Farbe“ versetzte Stütz die Anwesenden in die Lage von Betroffenen einer Zapfen-Monochromasie. Die Natriumdampflampe löschte im komplett abgedunkelten Dachsaal der Urania alle Farben aus und tauchte die Anwesenden in eine Schwarz-Weiss-Landschaft. So war es aussichtslos die Farben von Buntstiften zu erkennen.
„Sehen ist aus evolutionärer Sicht für aktive Bewegung entwickelt worden. Unsere Vorfahren kommen von den Bäumen und unser Augensystem ist auf Binokularität ausgerichtet. Beim Sprung von Ast zu Ast ist dies nun mal wichtig um die Entfernung zum nächsten Ast einzuschätzen. Primaten, welche den nächsten Ast nicht erwischten, waren wenn der Fall hoch genug war in Folge von der Fortpflanzung ausgeschlossen“, so Stütz schmunzelnd.
Mittels eines Spektralphotometers demonstrierte Stütz dem Auditorium die optische Transmission unterschiedlicher Farbfiltergläser. „Wenn bei Augenpathologien die individuell störenden Wellenlängen konsequent ausgefiltert werden, dann kann der Kontrast des Betroffenen spürbar ansteigen“, erklärte Stütz. In der Praxis sollen unterschiedliche Filter deswegen analytisch ausgewählt werden. Stütz gab dabei in seinen weiteren Ausführungen interessante Beispiele.
Neue Umsatzchancen für Augenoptiker Sehlösungen und Marketing für PC, Tablet- und Mobilphone-Nutzer
Große Teile der westlichen Gesellschaft gieren nach coolen Produkten und Dienstleistungen. Für das neueste iPhone von Apple stellen sich nicht wenige Menschen tagelang vor den Apple Stores an und campieren dort sogar. Neu eröffnete Hippster-Restaurants haben wochenlang keinen Tisch frei. Bringt Starbucks ein neues Smoothie heraus, so kann schon mal die Schlange der Kids bis zur Straße hinaus reichen. Solche Unternehmen sind beneidenswert. „Warum bringen die so etwas zusammen? Welchen Unterschied macht den Unterschied? Können wir Augenoptiker von solchen Unternehmen etwas lernen? Wo sind die Cashcow’s der Augenoptik?“, fragten sich Harald Belyus und Walter Gutstein in ihrem Vortrag „Neue Umsatzchancen für Augenoptiker„.
Die Digitalisierung der Gesellschaft ist vollzogen. In Österreich verfügen über 5,2 Millionen Personen einen Internetzugang. Davon nutzen knapp 65% ein Mobiltelefon oder Smartphone um Emails zu schreiben, Apps zu nutzen oder im Web zu surfen. In der Gruppe der 16-24jährigen nutzen knapp 90% ein Smartphone um auf Internetdienste zurückzugreifen. In der Gruppe der 45-54jährigen sind es immerhin beachtliche 54%, welche die Vor- (und Nachteile) des mobilen Internets nutzen.
Walter Gutstein brachte in seinen Ausführungen neue (und alte) Fakten zu den Themen trockenes Auge, UV-Belastung und möglichen Gefahren, die durch zu hohe Intensitäten von sichtbarem, blauem Licht ausgehen können. In diesem Zusammenhang präsentierte er unter anderem eine Produktübersicht über am Markt befindliche Brillengläser mit Blaulichtschutz.
Im Folgenden versetzten sich die Seminarteilnehmer mittels Zeitreise in das Jahr 1933. Angekommen in 1933 waren sie Drogisten und es wurden gerade die ersten mit aktiven UV-Filter versehenen Sonnenschutzmittel erfunden. Studien im Jahr 1933 erbringen gerade die ersten Nachweise, dass die UV-Strahlung zu einer rascheren Hautalterung führt. Das Auditorium entschloss sich dieses Wissen zunutze zu machen und deren Kunden zu helfen. Bei der Rückreise in die Zukunft – also in das Jahr 2015 – waren alle Seminarteilnehmer nun wieder Augenoptiker und hatten eine tolle Ausbildung und Wissen zu den Themen UV-Schutz und Blaulicht. Die Frage die sich nun stellte war, wie man mit diesem Wissen als Augenoptiker nun umgehen würde.
Out of the box!
Ein Wort zur individuellen Kontaktlinsenanpassung
Gustav Pöltner ermunterte in seinem „Out of the box!“ Vortrag die Augenoptiker zur vermehrten Anpassung individuell gestalteter Kontaktlinsen. Unter anderem empfahl er bei der Anpassung formstabiler Kontaktlinsen eine dezente Pseudosteilanpassung. Also ein wenig steiler als das Hornhautzentrum und eine Stufe in der Exzentrizität höher. Das gibt keine zentrale Berührung und peripher eine flache Linse, die auf einem Tränenpolster gleitet. Diese Strategie führe zu einer verblüffend verbesserten Spontanverträglichkeit. Mittels Rechenbeispiele wurden erste Rückflächenradien errechnet und die Wirkungen mittels Fluobilder demonstriert.
Im Bereich der weichen Kontaktlinsen verwies Pöltner auf die Tatsache, dass viele dieser Kontaktlinsen mit einem zu großen Gesamtdurchmesser abgegeben werden würden. „Ist der Durchmesser einer weichen Kontaktlinse zu groß, so kann es zu einem trockenen Auge kommen. Im Bereich der Tauschlinsen werden von den Herstellern zumeist deswegen größere Durchmesser zur Verfügung gestellt, da dies die Spontanverträglichkeit verbessere. Mittelfristig wirkt sich das aber auf die Trockenheit des Auges aus“, erklärte Pöltner.
Ergänzend referierte Pöltner zu den Themen Tränenanalyse und Nachbearbeitung von formstabilen Kontaktlinsen.
Teilnehmerfeedback, Dank und Termin 2016
Das OIWS Update 2015 kam mit Unterstützung der Firmen Alcon, Austrian Optic Technologies, Bausch + Lomb, Bilosa, Eschenbach, Essilor, Galifa, Hoya, Lipo Nit, Rodenstock, Silhouette und Zeiss zustande. Die Veranstalter danken den Unternehmen, dass sie dermaßen die Fortbildung in der Augenoptik und Optometrie fördert.
Im kommenden Jahr wird das OIWS Update 2016 am 4. Juni 2016 wieder in Wien stattfinden. Nähere Infos zur Veranstaltung und zu den einzelnen Optometrie Intensiv WorkShop’s finden sich auf www.oiws.at.