Post unfrei, Bearbeitungszuschlag & Negativrabatt

Einmal ganz ehrlich betrachtet: Wie oft sehen Sie sich die Lieferscheine und Rechnungen Ihrer Lieferanten ganz genau an? Bei eingehender Betrachtung findet sich bei vielen Optiklieferanten – zu Recht – eine Abgütung der Versandkosten. Es ist einzusehen, dass ein Hersteller bei Einzelbestellungen nicht jedesmal Porto und Verpackung tragen können. Bei größeren Bestellungen und langfristiger Geschäftsbeziehung findet sich ohnehin zumeist ein für beide Seiten akzeptables Agreement.
Aber es gibt auch Ausnahmen. Anlass für diesen Artikel war ein besonders origineller Lieferschein eines bekannten Welser Sport- und Schutzbrillenerzeugers. Zugegeben, die Bestellung machte nur einen Wert von 7,60 Euro aus. So wurde die Ware unfrei per Post an den Optiker gesandt. Diese Regelung kann man auch in den hellgrau gedruckten Liefer- und Zahlungsbedingungen (Warum die wohl so kontrastschwach gedruckt sind?) auf der Rückseite des Lieferscheines entnehmen. Also, ein Griff in die Kassa und dem Briefträger 4,07 Euro in die Hand gedrückt. Beim Auspacken der Ware lernte der betreffende Optiker, dass er auch den Mindestbestellwert unterschritten hatte. Neben der unfreien Sendung wurde auch ein „Bearbeitungsentgelt“ von 6,00 Euro verrechnet. Nun gut, die rückseitig mattgrauen Liefer- und Zahlungsbedingungen belehrten ihn ohnehin, dass er zumindestens um 100,00 Euro hätte bestellen müssen.

Soweit so gut, wäre da nicht noch der Rabatt von 10%. Gewundert hatte den Kollegen nur, dass nach „Abziehen“ des Rabattes die Endsumme größer wurde. In seiner schier grenzenlosen Naivität glaubte unser Optiker an einen Fehler der Software des Sport- und Schutzbrillenlieferanten. Ein Anruf brachte Klarheit. Die Software arbeite Gott sei Dank ordnungsgemäß. Sein Fehler lag darin, dass er nur ein Stück des Artikels bestellt hatte. Unter 5 Stück Bestellung werden nämlich zusätzlich „Negativprozente“ verrechnet. Nach einer kurzen Sprachlosigkeit und weiteren 2 Sekunden des Ärgernisses begann unser Optikerkollege die Sache von der amüsanten Seite zu betrachten. Zudem erheiterte die Auskunft der Dame am Telefon, dass Verständnis gezeigt werden sollte, da ja eine Rechnungslegung ihrem Konzern etwa 14,00 Euro kosten würde! Wir alle zeigen Mitgefühl und bedauern die teure Buchhaltung des Konzerns. Gerne tragen wir Optiker die „Porto, Verpackungs-, Minderbestellwert-, Minderstück- und Buchhaltungs-Kosten“ von insgesamt 10,83 Euro wenn wir viel zu kleine Bestellungen tätigen.

Spätestens jetzt fragen wir uns, warum Optiker beim nächsten Pflegemittelkunden – der sich erdreist nur ein Mittel zu kaufen – nicht einen Minderkaufwertzuschlag verlangen sollten. Wenn es sich nicht um einen Multipack handelt wäre ein „Einmonats-Mindermengenaufschlag“ denkbar. Falls der Konsument obendrein noch so frech ist eine Tragetasche zu wünschen, könnte man das ja noch extra verrechnen. Für die „Negativprozente“ müsste man sich aber noch eine möglichst undurchschaubare Regelung einfallen lassen. Die Redaktion freut sich über Anregungen und Kommentare.