Trockene Augen als Chance sehen – ein zielführender Leitfaden

Als Kontaktlinsenanpasser begegnen einem praktisch täglich Kunden, die in irgendeiner Form über die Symptome des trockenen Auges klagen. Speziell dann, wenn die Tage kürzer und die Heizungen aufgedreht werden. Es sind aber nicht nur Kontaktlinsenträger, welche davon betroffen sind.

Laut aktuellen Studien der TFOS (The Tear Film & Ocular Surface Society)[1] ist das trockene Auge ein globales Problem. Alleine in den USA leiden rund 30 Millionen Personen darunter. In Deutschland geht man von 9 Millionen Betroffenen aus. Zeit sich als verantwortungsvoller Augenoptiker dem Thema anzunehmen und berufliche Chancen zu erkennen. Dieser einfache Leitfaden soll dem Praktiker dabei helfen.

Thematisieren Sie das Office Eye Syndrom & Co bei jeder Brillenglasbestimmung

Sie kennen das bestimmt auch persönlich, wenn Sie nach mehrstündiger PC-Arbeit ihre Augen reiben, weil diese sich trocken, gereizt oder müde anfühlen. Die Gründe dafür kennen Sie: verminderter Lidschlag, Strahlung des PC-Monitors und oft auch schlechte Luft. Ergo, der Tränenfilm (TRF) verschlechtert sich, je länger man vor dem PC sitzt. Das geht heutzutage in der computerisierten Welt fast allen so. Ob Tablet, Smartphone oder PC – sie führen alle zum Gleichen: zum Symptom des trockenen Auges.

=> Ob Kontaktlinsen- oder Brillenträger, alle sind betroffen!

Dies nennt man Office Eye Syndrom. Je älter man wird, umso mehr kommt es vor. Dies weil die Qualität des Tränenfilms mit zunehmendem Alter per se schlechter wird. Natürlich hilft ein gesunder Lebensstil mit ausgewogener Ernährung (viel Fisch mit Omega-3), genug Wasser trinken und eine gute Belüftung des Büros, doch das alleine ist oft nicht genug. Es braucht mehr. Es braucht die Unterstützung eines Fachmanns, des Augenoptikers / Optometristen.

In den meisten Fällen reichen einfache Maßnahmen, um die Lebensqualität Ihres Kunden zu verbessern. Bevor man aber als Fachperson die richtigen Schlüsse zieht, benötigt es eine Analyse der Situation. Auch dies ist einfacher als man vorab vielleicht denkt. Schon durch die richtige Fragestellung kann man evaluieren, ob man einen Kunden vor sich hat, den man sich unter Umständen etwas genauer anschauen sollte.

=> Diese Fragen sollte man auch bei jeder Refraktion stellen und nicht nur beim Kontaktlinsencheck!

Fragebögen zur Hilfestellung hierzu gibt es genügende (z.B. OSDI, Mc Monnies, JenVis – Dry Eye Report etc.).[2],[3],[4]

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Sie tun damit erstens etwas Gutes für Ihren Kunden und zweitens auch für sich selbst, in dem Sie Ihre Kompetenz ins Zentrum stellen (und damit Ihren guten Ruf ausbauen) und sich daraus unzählige Chancen für den Zusatzverkauf von Benetzungstropfen, Lidrandhygienemitteln etc. ergeben. Oder möchten Sie, dass Ihr Kunde diese Produkte in der Apotheke oder im Drogeriemarkt kauft?

Gesunder Tränenfilm als Basis

Als Augenoptiker wissen Sie, dass ein solider Tränenfilm die Basis für einen stabilen Visus und ein erfolgreiches KL-Tragen ist. Jeder Fremdkörper im Auge – so auch die Kontaktlinse –   beeinflusst den Tränenfilm und sorgt für eine raschere Verdunstung der so wichtigen Augenflüssigkeit, die die Oberfläche benetzt, schmiert, ernährt und schützt.

=> Die immer noch viel zu hohe Drop-Out-Rate bei den KL-Trägern ist eine Herausforderung, welcher man heute sehr erfolgreich begegnen kann!

Neben einer professionellen Anpassung (Materialwahl, Sitz, Pflegemittel etc.) ist der supplementäre und unterstützende Einsatz von adäquaten Tränenersatzmitteln oft das Mittel der Wahl, um etwaige Flüssigkeitsdefizite zu kompensieren. Der Einsatz der Benetzungstropfen ist ein zentraler Baustein bei der Lösung des Problems des trockenen Auges. Mit den passenden Benetzungsmitteln, welche die zwei Hauptursachen des trockenen Auges (1. zu wenig Tränen, 2. schlechte Tränenqualität) adressieren, lässt sich der Tragekomfort für Kontaktlinsenträger stark erhöhen und somit die Drop-Out-Rate senken.

Erkennen – klassifizieren – handeln

Nebst einer Befragung (Anamnese) zu möglichen Symptomen des trockenen Auges stehen dem Augenoptiker / Optometristen heute unzählige Möglichkeiten zu einer sicheren Evaluierung zur Verfügung. Wichtig dabei ist, das Aufgefundene zu dokumentieren. Hierzu helfen sogenannte Klassifizierungsschlüssel aus der Fachliteratur, z.B. Klassifikation von Spaltlampenbefunden, Prof. Wolfgang Sickenberger[5], Meibo Scale von Dr. Heiko Pult[6] usw. Erst wenn man sich ein Bild von der Situation des Kunden gemacht hat, kann man zielführende Maßnahmen einleiten. Diese können von der Applikation von Benetzungstropfen und/oder liposomalen Sprays, dem Verändern der Lebensgewohnheiten, über Blinzelübungen, bis zur Lidrandhygiene usw. führen.

Vereinfacht formuliert kann man grundsätzlich sagen, dass die zwei häufigsten Ursachen für einen schlechten Tränenfilm folgende sind:

  1. Zu wenig Volumen der wässrigen-, muzinösen Schicht -> Mangel an Nährstoffen / antibakterielle Substanzen und fehlende Benetzung der Cornea und der Conjuctiva.
  2. Eine Störung der Lipidschicht -> Es fehlt der Schutz des Tränenfilms an der Oberfläche gegen Verdunsten. Dadurch vermehrte Tränenproduktion (wässeriges Auge).

Dies gilt es zu unterscheiden, wobei oft auch beides gleichzeitig vorkommt. Beide Ursachen führen zu Unverträglichkeiten der KL und unter Umständen zu einem instabilen Visus (-> auch beim Brillenträger möglich).

Klassifikation der beiden unterschiedlichen Ursachen mit der Spaltlampe oder / und mit dem Keratographen

Wassermangel (Hypovolämisch)
Spaltlampe
Keratograph (je nach Modell)
Tränenmeniskus unter 0,2mm  ✓  ✓
Tränenmeniskus unterbrochen, nicht durchgehend  ✓  ✓
Lidparallele Falten (LIPCOF)  ✓  
Stippen auf der Cornea oder Conjunctiva  ✓  ✓
Rötung der Conjunctiva  ✓  ✓

Tränenmeniskus
Abb: Der Tränenmeniskus sollte eine Höhe von mindestens 0,2mm haben.

LIPCOFAbb: Temporale lidparallele Falten (LIPCOF), welche einen Wassermangel anzeigen.

Lipidstörung (Hyperevaporativ)
Spaltlampe
Keratograph
(je nach Modell)
Unzureichende Lipdschicht: Break-Up-Time (BUT) mit Fluoreszin. Kritisch sind Aufrisszeiten unter 10 Sekunden.  ✓  ✓
Nicht invasiver BUT (NIBUT) ohne Fluoreszin. Kritisch sind Aufreisszeiten unter ca. 14 Sekunden.    ✓
Fetttropfen auf Lidkante / verstopfte Ausgänge der Meibomdrüsen / verklebte Lider / gerötete Lidränder  ✓  
Ausfall der Meibomdrüsen    ✓
Lipidüberschuss (öliger, visköser, zähflüssiger Tränenfilm und rot-blaue Interferenzfarben)  ✓  ✓

Verstopfte Meibomsche Drüse
Abb: Beispiel von kurzen und einer verstopften Meibomdrüse.

Folgende Maßnahmen machen Sinn

Diagnose Maßnahme / Produkte

Wassermangel (Hypovolämisch)

  • Substitution des wässrigen Tränenanteils mit wässrigen Tränenersatzmitteln wie z.B.  LipoNit Augentropfen mit Hyaluron in verschiedenen Konzentrationen 0,1% – 0,3%.
  • Bei leichten bis mittleren Fällen die niedrige Konzentration verwenden. Man kann sie auch vor dem Einsetzen in die Innenseite der KL tropfen.
  • Die höhere Konzentration eher bei schwereren Fällen verwenden. Sie kann aber je nach KL-Material diese „verschmieren“ und den Visus beinträchtigen.
  • Bei starken Beschwerden machen abends auch Gels Sinn, welche man vor dem ins Bett geht verwendet. WICHTIG: Produkte ohne Konservierungsmittel empfehlen!

Lipidmangel (Hyperevaporativ)

  • Substitution des Lipid-Anteils des Tränenfilms mit lipidhaltigen Tränenergänzungsmitteln wie z.B.  LipoNit Augenspray, um den Verdunstungsschutz wieder aufzubauen.
  • Ergänzend ist eine regelmäßige Lidpflege sinnvoll. Dies um die lipidproduzierenden Meibomschen Drüsen zu reinigen und zu pflegen um diesen die körpereigene Produktion von Lipiden zu ermöglichen. Hierzu eignen sich die Lidpflege Produkte (z.B. LipoNit Lidpflege Suspension, LipoNit Pads)
  • Weiter sind Wärme und Massage für die Lider zu empfehlen (z.B. LipoNit Wärme Gel Brille oder Eypeace Lid Massagehilfe usw.)   

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Alle Team-Mitglieder sensibilisieren

Wer meint, dass sich nur der Kontaktlinsenanpasser mit dem Thema des trockenen Auges befassen soll, der irrt. Schon während eines ersten Beratungsgesprächs zu Kontaktlinsen oder Brille, welches vielleicht von einem Nicht-Meister / Nicht-Optometristen durchgeführt wird, soll der beratende Kollege auf eventuelle Vorbehalte des Kunden: „Ich kann keine Kontaktlinsen tragen, da ich so empfindliche Augen habe“, eine Antwort parat haben. Dies bedingt einen gewissen „Know-How-Rucksack“ und regelmäßige Teamschulungen. Diese Trainings können intern oder durch externe Trainer durchgeführt werden.

Trockenes Auge
Abb: Sensibilisieren der Team-Mitglieder zum Thema trockenes Auge führt zur Profilierung des Unternehmens.

Wenn ein Kunde mit leicht geröteter Bindehaut oder wässrigen Augen vor einem sitzt, dann sollten bei einem aufmerksamen Augenoptiker die Alarmglocken läuten. Und dies nicht nur bei einem Meister / Optometristen! Man kann hier viel Gutes tun und sich gegenüber dem Mitbewerber profilieren und seine eigene berufliche Kompetenz und Stellung zu festigen. Dies ist auch betriebswirtschaftlich nicht unerheblich um Neukunden zu gewinnen und die Kundenbeziehung mit den Bestandskunden zu pflegen.

Autoren

Marcel Zischler
Marcel Zischler
Consultant, Trainer & Publizist für Marketing, Verkauf & Kontaktlinsen
Zischler Visionplus GmbH, CH-Luzern
www.zischler-visionplus.ch

Robert Fetzer
Robert Fetzer
Augenoptikmeister, Low Vision-Spezialist, Kontaktlinsen-Spezialist
Trainer für Dry Eye Schulungen
www.fetzer-schulungen.de

Quellen / Literatur

  1. http://www.tearfilm.org/news-news/16_10/eng/
  2. http://www.dryeyezone.com/documents/osdi.pdf
  3. http://www.tearfilm.org/dewsreport/pdfs/Questionnaire%20McMonnies%20questionnaire%20(Caffery).pdf
  4. http://eyecarewithfocus.com/wp-content/uploads/2015/09/document11.pdf
  5. https://www.optikum.at/klassifikation-von-spaltlampenbefunden/
  6. http://www.heiko-pult.de/key-inventions.html
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